Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 69

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ken, und sind bemüht, die Verbreitung des Bewußtseins durch Schriften und Bücher unter den Arbeitern auf verschiedene Art und Weise zu erschweren. So bleibt beispielsweise in Preußen das ganze Landproletariat vom Recht, Gewerkschaftsverbände zu gründen, ausgeschlossen, auch den Frauen steht nicht das Recht zu, politischen Verbindungen anzugehören. Nichts fürchtet die Bourgeoisie mehr als den aufgeklärten und organisierten Arbeiter, und sie ist mit allen Mitteln bemüht, ihm die Quellen seiner Kraft zu nehmen: die Bildung und Organisation. Deshalb ist eine der Hauptforderungen der bewußten Arbeiter in jedem Land neben dem allgemeinen und gleichen Stimmrecht die volle und uneingeschränkte Rede-, Druck-, Vereins- und Versammlungsfreiheit sowohl für die Stadt- als auch für die Landbevölkerung, für Männer wie für Frauen;

9. die Gewissensfreiheit

Die zaristische Regierung verfolgte immer ihre „Untertanen“ nicht nur wegen aller Bestrebungen nach Freiheit und Bildung, sondern sogar wegen ihres Glaubens. Im Zarismus war die orthodoxe Religion die herrschende, und alle Andersgläubigen – Katholiken, Unierte, Juden und Abtrünnige – waren in der einen oder anderen Weise benachteiligt. Ebenso betrachtete es die zaristische Regierung als ein Verbrechen und bestrafte es mit Sibirien und Zwangsarbeit, wenn jemand überhaupt die Religion und die Macht der Geistlichkeit nicht anerkannte. Die Sozialdemokratie ist der Meinung, daß die Verfolgung wegen eines Glaubens oder wegen des Fehlens eines religiösen Glaubens Barbarei ist, unvereinbar mit staatsbürgerlicher Freiheit und Zivilisation. Gewissenszwang ist die schlimmste Form der Unterdrückung. Hinzu kommt, daß die Verfolgung irgendwelcher Konfessionen in einem Staat immer zum Nachteil für das arbeitende Volk ist und nur der herrschenden Klasse der Ausbeuter nutzt. Die Aufhetzung des einen Volksteils gegen andere und das Schüren von Haß im Volke ist eine der Methoden, die die Feinde der Arbeiterklasse anwenden, um diese zu verdummen und ihre Aufmerksamkeit vom Kampfe gegen Ausbeutung und Unterdrückung abzulenken. Deshalb erheben sich überall die bewußten Arbeiter ganz energisch gegen Verfolgungen aus religiösen Gründen. Jeder erwachsene Mensch muß die völlige Freiheit haben zu glauben, was und wie es ihm gefällt. Das religiöse Bekenntnis oder die Konfessionslosigkeit ist Sache der Überzeugung, des Gewissens eines Menschen und seiner geistigen Glückseligkeit. Niemand hat das Recht, des anderen Gewissen auszuforschen und ihm zu befehlen, das und nichts anderes zu glauben. Deshalb fordert die Sozialdemokratie ein staatliches Gesetz, das allen völlige Gewissensfreiheit sichert. Das

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