Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 39

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I

Die Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauens strebt gemeinsam mit der Sozialdemokratie anderer kapitalistischer Länder die Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaftsordnung an. Das heißt, daß sie danach strebt, die Ausbeutung der Arbeiterklassen durch die Besitzer des Bodens, der Fabriken, der Werkstätten, der Gruben zu beseitigen und alle diese Produktionsmittel dem arbeitenden Volk zu gemeinsamem Eigentum zu übergeben.

Schon ganz zu Beginn der industriellen Entwicklung, die in England und in Frankreich bereits am Ende des 18. und zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, in Deutschland etwa in seinem dritten und vierten Jahrzehnt einsetzte, wurden die Arbeiter dieser Länder durch die Ausbeutung und das Elend in den Kampf getrieben. Am Anfang der Bewegung zerstören die englischen Arbeiter Fabriken, zerschlagen Maschinen, da sie in ihnen die Ursache ihres Elends sehen. Im Jahre 1831 veranstalten die Lyoner Weber Hungerrevolten, im Jahre 1844 erheben sich auch die schlesischen Heimweber in Deutschland und in Böhmen, da sie durch die Ausbeutung der Fabrikanten zum Äußersten getrieben wurden. Alle diese Bewegungen wurden durch die brutale Obermacht der herrschenden Bourgeoisie schnell unterdrückt. Das war nur der erste, elementare Ausdruck des Leidens der Arbeitermassen und ihrer Empörung. Die aufständischen Arbeiter begriffen damals weder die Ursachen ihres Elends, noch wußten sie, wie sie ihre Lage verbessern konnten.

Der Gedanke, daß die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln und die Einführung der sozialistischen Gesellschaftsordnung das einzig entscheidende Heilmittel für die Leiden der Millionen von Arbeitenden ist, dämmerte damals erst in den Köpfen weniger genialer Den‑

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