Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 449

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Erwiderung auf die Erklärung des Genossen Cunow

[1]

Genossin Luxemburg schickt uns folgende Erwiderung auf die „Erklärung“ des Genossen Cunow, der im „Vorwärts“[2] es für „unanständig“ erklärt hatte, daß Genossin Luxemburg einen „Privatbrief" zu öffentlichen Mitteilungen benutzt habe.

Genosse Cunow erklärt es als eine „Unanständigkeit“, daß ich aus „Privatbriefen“ die Mitteilung über jene „Vereinbarung“[3] zwischen der Redaktion und den Parteiinstanzen veröffentlicht habe, kraft deren die Debatte über den Massenstreik im „Vorwärts“ nicht zugelassen worden ist. Demgegenüber erkläre ich, daß ich mein Lebtag mit Genossen Cunow keine „Privatkorrespondenz“ geführt habe, daß in jenem Brief, der eine einfache Antwort der Redaktion auf meine Zusendung des Artikels[4] war, nicht eine Zeile außer der Motivierung der Ablehnung stand. Ich halte es vielmehr für unanständig, angesichts einer solchen „Vereinbarung“ öffentlich denjenigen, die ihre Existenz feststellen, wider besseres Wissen „Tratsch“ und „phantasievolle Behauptungen“ vorzuwerfen. Die Partei hat das Recht zu wissen, ob derartige „Vereinbarungen“ zwischen der Redaktion des leitenden Organs und den Parteiinstanzen bestanden oder nicht, und die Bemühungen, den Sachverhalt zu vertuschen, sind nur geeignet, die breiten Parteikreise irrezuführen, was meines Erachtens weder politisch klug noch auch anständig ist.

Rosa Luxemburg

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 193 vom 22. August 1910.

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[1] Redaktionelle Überschrift.

[2] Vorwärts (Berlin), Nr. 193 vom 19. August 1910.

[3] Siehe Rosa Luxemburg: Die totgeschwiegene Wahlrechtsdebatte. In: GW, Bd. 2, S. 437.

[4] Siehe Rosa Luxemburg: Was weiter? In: GW, Bd. 2, S. 289–299.