Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 448

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Wirklichkeit erklärte ich 1905 genau dasselbe wie jetzt. Den Schein des Gegenteils erreicht Rosa Luxemburg nur durch eine Prozedur von unglaublicher Keckheit.“[1]

Wenn es „unglaubliche Keckheit“ sein soll, das Zitat aus einem fremden Artikel an unpassender Stelle abzubrechen, wie soll man es nennen, wenn ein Zitat aus dem eigenen Artikel an unpassender Stelle abgebrochen wird? Der Absatz ist nämlich mit dem „usw.“ in dem Artikel des Genossen Kautsky nicht zu Ende. Es folgt noch ein „Aber“ und fünf Zeilen. Diese Zeilen haben folgenden Wortlaut:

„Aber bei allen Unterschieden beider Streikarten, des politischen Streiks einer bestimmten Arbeiterkategorie, um eine soziale gesetzgeberische Reform durchzudrücken, und des politischen Streikes des ganzen empörten Proletariats, um ein feindseliges Regime zu stürzen oder einen Staatsstreich zu parieren – haben beide Streikarten das miteinander gemein, daß sie eine Vereinigung der politischen und gewerkschaftlichen Aktion darstellen.“[2] [Hervorhebungen – R. L.]

Das heißt, Genosse Kautsky hebt zum Schlusse allen Unterscheidungen zwischen politischem und ökonomischem Streik gegenüber ihre Vereinigung hervor als die Hauptsache, als denjenigen Gesichtspunkt, auf den er den Nachdruck legt. Und dies ist gerade der Gesichtspunkt, den auch ich bei ihm durch die zitierte Stelle hervorhob, es ist genau dasselbe, was ich unterstrich, nochmals durch den Genossen Kautsky selbst unterstrichen. Also auch an diesem Zitat ist nicht zu deuteln und zu rütteln.

Dies sind aber die einzigen Beispiele, wo Genosse Kautsky seine schwere Anschuldigung überhaupt durch Beweise zu stützen versucht hat. Demnach ist auch seine summarische Behauptung über alle meine sonstigen Zitate, sie stimmen dem Sinne nach nicht, in dem ich sie gebrauche, vollkommen aus der Luft gegriffen.

Die Neue Zeit (Stuttgart),

28. Jg. 1909/10, Zweiter Band, S. 756–760.

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[1] K. Kautsky: Zwischen Baden und Luxemburg. In: Die Neue Zeit, 28. Jg. 1909/10, Zweiter Band, S. 662.

[2] Ebenda, S. 781.