Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 154

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sozialdemokratischen Programm der Revolution und die unzähligen partiellen Kämpfe in der gemeinsamen großen Klassenaktion des Proletariats vereinigen, so wird es, wenn die Verhältnisse dafür reif sind, auch in Deutschland der Fall sein. Und Aufgabe der Sozialdemokratie wird es alsdann sein, ihre Taktik nicht nach den zurückgebliebensten Phasen der Entwicklung, sondern nach den fortgeschrittensten zu richten.

VIII

Das wichtigste Erfordernis in der früher oder später kommenden Periode der großen Kämpfe, die der deutschen Arbeiterklasse harren, ist neben der vollen Entschlossenheit und Konsequenz der Taktik die möglichste Aktionsfähigkeit, also möglichste Einheit des führenden sozialdemokratischen Teils der proletarischen Masse. Indes bereits die ersten schwachen Versuche zur Vorbereitung einer größeren Massenaktion haben sofort einen wichtigen Übelstand in dieser Hinsicht aufgedeckt: die völlige Trennung und Verselbständigung der beiden Organisationen der Arbeiterbewegung, der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften.

Es ist klar aus der näheren Betrachtung der Massenstreiks in Rußland sowie aus den Verhältnissen in Deutschland selbst, daß irgendeine größere Massenaktion, wenn sie sich nicht bloß auf eine einmalige Demonstration beschränken, sondern zu einer wirklichen Kampfaktion werden soll, unmöglich als ein sogenannter politischer Massenstreik gedacht werden kann. Die Gewerkschaften würden an einer solchen Aktion in Deutschland genauso beteiligt sein wie die Sozialdemokratie. Nicht aus dem Grunde, weil, wie die Gewerkschaftsführer sich einbilden, die Sozialdemokratie angesichts ihrer viel geringeren Organisation auf die Mitwirkung der 11/4 Million Gewerkschaftler angewiesen wäre und „ohne sie“ nichts zustande bringen könnte, sondern aus einem viel tiefer liegenden Grunde: weil jede direkte Massenaktion oder Periode offener Klassenkämpfe zugleich eine politische und ökonomische sein würde. Wird es in Deutschland aus irgendeinem Anlaß und in irgendeinem Zeitpunkt zu großen politischen Kämpfen, zu Massenstreiks kommen, so wird das zugleich eine Ära gewaltiger gewerkschaftlicher Kämpfe in Deutschland eröffnen, wobei die Ereignisse nicht im mindesten danach fragen werden, ob die Gewerkschaftsführer zu der Bewegung ihren Segen[1] gegeben haben oder nicht. Stehen sie auf der Seite oder suchen sich gar der Bewegung zu

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[1] 1. Auflage: ihre Zustimmung.