Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 51

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schende Bourgeoisie und der Adel machen in bezug auf die Ausbeutung keinen Unterschied zwischen dem Arbeiter der eigenen oder dem Arbeiter einer fremden Nation. Der Kapitalist erkennt die Nationalität des Arbeiters nicht an, er betrachtet jeden Proletarier nur als Arbeitskraft, aus der er für sich Profit ziehen kann. Und die Regierungen der heutigen Staaten, die ein Werkzeug der herrschenden Bourgeoisie sind, betrachten die Arbeiterklasse ohne Unterschied der Nationalität nur als Material für den Militärdienst, für die Steuererpressung und für die Ausbeutung durch das Kapital. Solange die kapitalistische Ordnung besteht, kann der Nationalstaat für das Proletariat keine Erlösung sein. Wäre also die polnische Arbeiterklasse heute nicht der Untertan der russischen Regierung, sondern würde in einem unabhängigen Polen leben, so wäre der polnische Staat für sie eine ebensolche kapitalistische Hölle, wie es alle anderen Staaten für das Proletariat sind.

Deshalb kann auch die Wiederherstellung des polnischen Staates nicht die Aufgabe des polnischen Proletariats sein. Die Arbeiterklasse soll nicht danach streben, neue bürgerliche Staaten und Regierungen aufzubauen, sondern danach, diese abzuschaffen, vor allem aber danach, die politischen Freiheiten in den Staaten, in denen sie lebt, möglichst auszubauen. Deshalb erfordert das Arbeiterinteresse nicht, Polen von Rußland abzutrennen, um einen unabhängigen Staat aufzubauen, sondern es erfordert die Abschaffung des Absolutismus in Rußland und Erringung politischer Freiheiten für das polnische und das russische arbeitende Volk.

Die Wiederherstellung Polens ist heute schon an und für sich ein Hirngespinst. Das unabhängige Polen war ein Staat des Adels und wurde von Rußland, Preußen und Österreich aufgeteilt, noch ehe in Polen die ersten Anfänge der modernen kapitalistischen Produktion vorhanden waren. Als sich aber im Königreich Polen die Industrie entwickelte und mit ihr die Kapitalistenklasse emporwuchs, war diese von Anfang an ein Feind der nationalen Aufstände und des Strebens nach Unabhängigkeit. Die polnische Bourgeoisie fand in Rußland ein rentables Absatzgebiet für ihre Waren und in der zaristischen Regierung starke Hilfe, Schutz und tatkräftige Unterstützung gegen die polnische Arbeiterklasse. Gegenwärtig profitiert auch der polnische Adel von der industriellen Entwicklung des Landes und von dem Schutz, den die russische Regierung den ausbeutenden Klassen sichert. Er hat auch schon seit langem jeden Gedanken an einen Aufstand aufgegeben. Die polnische Bourgeoisie und der Adel sind heute die Stützen der russischen Herrschaft, und es gibt keine Klasse in der polnischen Gesellschaft, die von der Unabhängigkeit Polens träumt, außer

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