Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 478

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in Stücke geschlagen werden. Es stimmt schon, daß in diesem oder jenem stürmischen Massenstreik vielleicht unsere Organisation im ersten Moment beschädigt werden könnte. Aber es gibt Lagen, und wir kommen immer mehr in diese Lage, wo ein Kampf auch unter ungünstigen Bedingungen aufgenommen werden muß, wenn überhaupt die Ehre der organisierten Arbeiterbewegung verteidigt werden soll.

Parteigenossen! Die gewerkschaftlichen Organisationen sind ja vor allem dazu geschaffen, uns in unserem Kampfe – namentlich zur Verteidigung unseres allerersten Rechtes, des Koalitionsrechtes, das jetzt so bedroht wird –, um uns dazu als Waffe im Kampfe zu dienen. Unsere gewerkschaftlichen Organisationen sind ja unsere Kanonen im Kampfe um eine bessere Zukunft. Was würden Sie sagen von einem militärischen Staat, welcher erklären würde, er könne nicht in den Krieg ziehen aus der Befürchtung heraus, seine Kanonen könnten dabei zerschmettert werden? Wozu haben wir die Kanonen anders, als um damit gegebenenfalls auf den Feind zu schießen? Andererseits sind unsere Waffen nicht von so plumper Beschaffenheit wie die Waffen der Militärstaaten. Die Kanonen der Militärstaaten können wirklich in einem Kampfe zerschmettert und unbrauchbar gemacht werden. Unsere Organisationen aber, sie bewähren sich im Kampfe, sie können nur existieren im Kampfe, sie wachsen nur im Kampfe. Erinnern Sie sich an die Zeit des Sozialistengesetzes. War das nicht die schwerste Zeit, die die deutschen Gewerkschaften zusammen mit der deutschen Sozialdemokratie erlebt haben? Wie sah es in unserer Organisation denk aus im ersten Moment nach der Verwirklichung des Sozialistengesetzes? Unsere Gewerkschaften waren zerschmettert, unsere Presse lahmgelegt, unsere Organisation vernichtet, aber wie sahen wir aus nach 12 Jahren, als das Sozialistengesetz aufgehoben werden mußte? Da standen wir da mit verzehnfachter Kraft, das Sozialistengesetz lag zerschmettert. (Tosender Beifall.) Und so wird es immer gehen in dem großen Kampfe, der uns durch unsere Gegner aufgezwungen wird.

Parteigenossen! Was zeigen die Erfahrungen der letzten Zeit? Sie zeigen uns, daß es keine günstigere Zeit zum Ausbau der gewerkschaftlichen Organisationen gibt als einen großen Massenkampf, der die indifferenten Massen des Proletariats aufrüttelt und sie aufnahmefähig macht für den Anschluß an die Organisationen. („Sehr richtig!“) Sie haben es hier in Hagen erlebt, wo seit der letzten Aussperrung Ihr Metallarbeiterverband in so glänzender Weise einen Zuwachs aufzuweisen hat. Genau ebenso bestätigt sich dies auch anderswo. Nehmen Sie zum Beispiel das früher erwähnte Rußland. Bis zum Jahre 1905 gab es in Rußland fast

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