Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 445

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Diese Frage völlig und ausführlich klarzulegen ist nicht bloß aus Rücksicht auf meine „Zitiermethoden“ notwendig, sondern weil es hochwichtig ist, daß die Genossen genau erfahren, was Engels’ wirkliche Meinung war.

Wenden wir uns an den Artikel von Engels.

In der „Neuen Zeit“, XX, 1, S. 9ff. [Friedrich Engels: Zur Kritik des sozialdemokratischen Programmentwurfs 1891. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 22, Berlin 1963, S. 233–235.] heißt es:

„Die politischen Forderungen des Entwurfs haben einen großen Fehler. Das, was eigentlich gesagt werden sollte, steht nicht drin. Wenn alle diese 10 Forderungen bewilligt wären, so hätten wir zwar diverse Mittel mehr, um die politische Hauptsache durchzusetzen, aber keineswegs die Hauptsache selbst ...

Daran zu tasten ist aber gefährlich. Und dennoch muß so oder so die Sache angegriffen werden. Wie nötig das ist, beweist grade jetzt der in einem großen Teil der sozialdemokratischen Presse einreißende Opportunismus. [Hervorhebung – R. L.] Aus Furcht vor einer Erneuerung des Sozialistengesetzes, aus der Erinnerung an allerlei unter der Herrschaft jenes Gesetzes gefallenen voreiligen Äußerungen soll jetzt auf einmal der gegenwärtige gesetzliche Zustand in Deutschland der Partei genügen können, alle ihre Forderungen auf friedlichem Weg durchzuführen ...

Eine solche Politik kann nur die eigne Partei auf die Dauer irreführen. Man schiebt allgemeine, abstrakte politische Fragen in den Vordergrund und verdeckt dadurch die nächsten konkreten Fragen, die Fragen, die bei den ersten großen Ereignissen, bei der ersten politischen Krise sich selbst auf die Tagesordnung setzen. Was kann dabei herauskommen, als daß die Partei plötzlich, im entscheidenden Moment, ratlos ist, daß über die einschneidendsten Punkte Unklarheit und Uneinigkeit herrscht, weil diese Punkte nie diskutiert worden sind [Hervorhebung – R. L.] ... Dies Vergessen der großen Hauptgesichtspunkte über den augenblicklichen Interessen des Tages, dies Ringen und Trachten nach dem Augenblickserfolg ohne Rücksicht auf die späteren Folgen, dies Preisgeben der Zukunft der Bewegung um der Gegenwart der Bewegung willen mag ‚ehrlich‘ gemeint sein, aber Opportunismus ist und bleibt es, und der ‚ehrliche‘ Opportunismus ist vielleicht der gefährlichste von allen.

Welches sind nun diese kitzligen, aber sehr wesentlichen Punkte?

Erstens. Wenn etwas feststeht, so ist es dies, daß unsre Partei und die Arbeiterklasse nur zur Herrschaft kommen kann unter der Form der demokratischen Republik.“ [Hervorhebung – R. L.]

Hier erfährt der Leser aus eigenem Munde von Engels, worauf es ihm

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