Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 42

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dienste ihrerseits, lediglich deshalb, weil sie die Eigentümer der Maschinen, des Bodens und der Gebäude sind. Auf diese Weise wird es für alle immer offensichtlicher, daß der Kapitalist nur ein Parasit, daß er in der Produktion überflüssig ist.

So führt die Entwicklung der Industrie den Arbeitenden immer deutlicher die Tatsache vor Augen, daß der ganze Reichtum der Bourgeoisie wie andererseits das Elend der Arbeiter daher rühren, daß sich die Produktionsmittel in privatkapitalistischen Händen befinden und zur Ausbeutung der Arbeiter, die nichts besitzen außer ihrer Arbeitskraft, dienen. Die Enteignung der Fabriken, des Bodens und der Gruben der privaten Ausbeuter und die Übergabe dieser Güter zur gemeinsamen Nutzung an die gesamte werktätige Bevölkerung rückt angesichts dessen, daß eine relativ immer kleinere Anzahl von Besitzern einen immer größeren Teil der Produktion in Händen hält, immer mehr in den Bereich des Möglichen.

Selbst wenn die Zahl der Kapitalisten wachsen würde, so steigt doch die Zahl der Arbeiter, die zur zahlreichsten Klasse in der Gesellschaft werden, unvergleichlich schneller.

Zugleich wird es immer offensichtlicher, daß die weitere Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft mit ihren Krisen, der Ungewißheit des Daseins und dem Elend der breitesten Volksmassen, der Prostitution, dem Militarismus bald zur völligen körperlichen und geistigen Entartung der Bevölkerung führen würde, wenn nicht der Kampf des Proletariats dem heute schon einen gewissen Damm entgegenstellen würde. Bei einer weiteren zügellosen Herrschaft des Kapitals müßte die menschliche Gesellschaft nach einer gewissen Zeit einer allgemeinen Verwilderung anheimfallen. Folglich wird die Beseitigung der kapitalistischen Ordnung zu einer ebenso dringenden Notwendigkeit des gesellschaftlichen Fortschritts wie seinerzeit die Abschaffung der Leibeigenschaft.

Um einen Umsturz durchzuführen, ist heute nur eins notwendig: Die Arbeiterklasse muß begreifen, daß die Abschaffung des Kapitalismus ihre Aufgabe ist und daß sie sich für den Kampf in einer einheitlichen Organisation zusammenschließen muß. Diese Erkenntnis und diese Organisation schreiten voran und werden zusammen mit der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft und der Verhältnisse des kapitalistischen Staates voranschreiten.

Die industrielle Entwicklung erfaßt heute fast alle Länder Europas, Nordamerika und Australien und hat auch in Asien und sogar im Innern Afrikas Platz gegriffen. Sie verbreitet das Elend und die Unzufriedenheit

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