Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 375

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schon, nicht Ermattung, sondern Kampf auf der ganzen Linie, das ist es, was uns not tut. Und ich wiederhole: Wenn die Masse der Parteigenossen dies begreift und empfindet, dann werden auch unsere Führer auf dem Posten sein. „Die Menge tut es.“

Zum Schlusse eine kleine historische Reminiszenz, die aber nicht ohne artige Parallelen mit der Gegenwart ist. Genosse Kautsky lehnt die Beispiele anderer Länder, in denen der Massenstreik in der letzten Zeit in Anwendung gekommen ist, für Preußen ab. Rußland tauge als Beispiel nicht, auch nicht Belgien und selbst nicht Österreich. Überhaupt gehe „es nicht an, sich für die gegenwärtige Situation in Preußen auf das Vorbild anderer Länder zu berufen“[1]. Genosse Kautsky selbst geht aber, um das richtige Muster für unsere Taktik zu holen, auf die alten Römer und Hannibal zurück. Hier findet er das Beispiel, an dem sich das deutsche Proletariat erbauen soll, in Fabius dem Zauderer mit seiner angeblich siegreichen „Ermattungsstrategie“. Mir scheint es etwas weit ausgeholt, auf die antiken Römer zurückzugreifen, da aber Genosse Kautsky dies nun einmal tut, so möchte ich immerhin konstatieren, daß auch hier die Tatsachen nicht ganz zutreffen. Die Fabel von der notwendigen und siegreichen Strategie des Cunctators hat schon Mommsen zerstört, indem er nachwies, daß „die natürliche und richtige Verwendung“ der römischen Streitmacht von Anfang an ein entschlossener Angriff gewesen wäre und daß die zaudernde Haltung des Fabius, die Mommsen das „methodische Nichtstun“ nennt, nicht die Äußerung irgendeines tiefen und durch Umstände gebotenen strategischen Planes, sondern ein Ausfluß der ganzen konservativen, greisenhaften Politik des Senats war. „Quintus Fabius“, sagt Mommsen, „war ein hochbejahrter Mann, von einer Bedachtsamkeit und Festigkeit, die nicht wenigen als Zauderei und Eigensinn erschien; ein eifriger Verehrer der guten alten Zeit, der politischen Allmacht des Senats, des Bürgermeisterkommandos, erwartete er das Heil des Staates nächst Opfern und Gebeten von der methodischen Kriegführung.“ „An einem leitenden, die Verhältnisse im Zusammenhang beherrschenden Staatsmann muß es gefehlt haben“, sagt er an einer anderen Stelle, „überall war entweder zuwenig geschehen oder zuviel. Nun begann der Krieg, zu dem man Zeit und Ort den Feind hatte bestimmen lassen; und im wohlbegründeten Vollgefühl militärischer Überlegenheit war man ratlos über Ziel und Gang der nächsten Operationen.“ Der Angriff in Spanien und Afrika war das erste Gebot der Taktik, „allein man versäumte das Gebot des Vorteils nicht minder wie das der Ehre“. „Daß durch jene Zögerung

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[1] K. Kautsky: Was nun? In: Die Neue Zeit. 28. Jg. 1909/10, Zweiter Band, S. 36.