Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 317

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nicht in dem Maße den Moloch des Militarismus und was damit zusammenhängt: die furchtbare Last der indirekten Steuern, die das arbeitende Volk erdrücken. Und dann, werte Anwesende, hätten wir heute nicht die ausschlaggebende Herrschaft des ostelbischen Junkertums in Preußen-Deutschland. Denn, ich frage Sie, wer ist der mächtigste Hort des Junkerturns in Preußen und der Verpreußung der deutschen Politik, wenn nicht das persönliche Regiment? Wer hetzt am meisten zu militärischen Rüstungen, zu Flottenrüstungen[1], zu weltpolitischen Abenteuern, zu Chinakriegen[2], zu Hottentottenkriegen[3], wenn nicht das persönliche Regiment? Und ich frage Sie, wer ist der grimmigste Feind der aufstrebenden Arbeiterklasse, des Proletariats, wenn nicht das persönliche Regiment, das uns im Jahre 1899 als persönliches Geschenk die Zuchthausvorlage[4] beschert hat? (Stürmische Zustimmung.) Jawohl, hätte der deutsche Liberalismus im Jahre 1848 den morschen preußischen Thron und die drei Dutzend sonstiger deutscher Thrönchen in Stücke geschlagen, er hätte den weiteren Schicksalen in Deutschland eine ganz andere Wendung gegeben. Und diese Aufgaben wurden dem deutschen Liberalismus tagtäglich mit lauter Stimme ins Gewissen gerufen. Es war kein anderer als unser großer Lehrer, der Schöpfer des wissenschaftlichen Sozialismus, Karl Marx, der in der „Neuen Rheinischen Zeitung“ die Liberalen zum Kampfe mit der Reaktion anfeuerte und vor der drohenden Konterrevolution warnte. Allein, da sollte sich wieder einmal herausstellen, daß über Handlungen und Taten ganzer Klassen und Parteien nicht die schönen Worte entscheiden, die auf dem papiernen Programm geschrieben stehen oder im Munde geführt werden, sondern darüber entscheiden vor allem die materiellen Interessen dieser Klassen. Wer waren, wer sind die deutschen Liberalen? Es sind die Vertreter des deutschen Unternehmertums, der Bourgeoisie, der Kaufleute, zum Teil der Handwerksmeister, ferner der bürgerlichen Intelligenz, die Fleisch vom Fleische, Blut vom Blute dieser Klasse ist –

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[1] Mit den Flottenvorlagen vom 28. März 1898 und 12. Juni 1900 begann in Deutschland das Wettrüsten zur See, das zur Verschärfung des Gegensatzes zwischen Deutschland und England führte.

[2] 1899 war in Nordchina der Volksaufstand der Ihotuan ausgebrochen, der 1900 durch die vereinigten Armeen von acht Staaten unter Führung des deutschen Generals Alfred Graf von Waldersee grausam niedergeworfen wurde. China wurde gezwungen, hohe Kontributionen zu zahlen und der Errichtung von Stützpunkten für die Interventionsarmeen zuzustimmen. Das Eingreifen der deutschen Truppen ist auch als sogenannter Hunnenfeldzug bekannt geworden.

[3] Im Jahre 1904 hatten sich in Südwestafrika die Völker der Hereros und Hottentotten gegen die imperialistische Kolonialherrschaft erhoben. Der Aufstand, der den Charakter eines Freiheitskrieges trug, endete mit einer verlustreichen Niederlage dieser Völker, nachdem die deutschen Kolonialtruppen mit äußerster Grausamkeit drei Jahre lang gegen sie vorgegangen waren.

[4] Die Regierung hatte dem Reichstag am 12. November 1906 den “Entwurf eines Gesetzes, betreffend gewerbliche Berufsvereine“ vorgelegt, durch den die Berufsvereine die Rechtsfähigkeit erlangen konnten. Ziel des Gesetzes war, die Aktionsfähigkeit der Gewerkschaften zu beschränken. Durch Auflösung des Reichstags am 13. Dezember 1906 wurde die Vorlage aufgehoben.