Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 107

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zwei Wochen später bricht er wieder aus; diesmal geben die Bäcker die Parole, ihnen folgen die Steinarbeiter, Tischler, Färber, Mühlenarbeiter und schließlich wieder alle Fabrikarbeiter. – In Odessa beginnt die Bewegung mit einem Lohnkampfe, in den der von Regierungsagenten nach dem Programm des berühmten Gendarmen Subatow gegründete „legale“ Arbeiterverein[1] verwickelt wurde. Die geschichtliche Dialektik hat wieder Gelegenheit genommen, einen ihrer hübschen boshaften Streiche auszuführen: Die ökonomischen Kämpfe der früheren Periode – darunter der große Petersburger Generalstreik von 1896 – hatten die russische Sozialdemokratie zur Übertreibung des sogenannten „Ökonomismus“[2] verleitet, wodurch sie in der Arbeiterschaft für das demagogische Treiben des Subatow den Boden bereitet hatte. Nach einer Weile drehte aber der große revolutionäre Strom das Schifflein mit der falschen Flagge um und zwang es, gerade an der Spitze der revolutionären proletarischen Flottille zu schwimmen. Die Subatowschen Vereine gaben im Frühling 1904 die Parole zu dem großen Generalstreik in Odessa wie im Januar 1905 zu dem Generalstreik in Petersburg. Die Arbeiter in Odessa, die in dem Wahn von der aufrichtigen Arbeiterfreundlichkeit der Regierung und ihrer Sympathie für rein ökonomischen Kampf gewiegt wurden, wollten plötzlich eine Probe aufs Exempel machen und zwangen den Subatowschen „Arbeiterverein“, in einer Fabrik den Streik um bescheidenste Forderungen zu erklären. Sie wurden darauf vom Unternehmer einfach aufs Pflaster gesetzt, und als sie von dem Leiter ihres Vereins den versprochenen obrigkeitlichen Schutz forderten, verduftete der Herr und ließ die Arbeiter in wilder Gärung zurück. Alsbald stellten sich die Sozialdemokraten an die Spitze, und die Streikbewegung sprang auf andere Fabriken über. Am 1. Juli streiken 2500 Eisenbahnarbeiter, am 4. Juli treten die Hafenarbeiter in den Streik um eine Erhöhung der Löhne von 80 Kopeken auf 2 Rubel und Verkürzung der Arbeitszeit um eine halbe Stunde. Am 6. Juli schließen sich die Seeleute der Bewegung an. Am 13. Juli beginnt der Ausstand des Trambahnpersonals. Nun findet eine Versammlung sämtlicher Streikenden, 7 000–8 000 Mann, statt; es bildet sich ein Zug, der von Fabrik zu Fabrik geht und, lawinenartig anwachsend, schon als eine 40 000–50 000köpfige Menge sich zum Hafen begibt, um hier jede

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[1] Auf Initiative des Gendarmerieobersten S. W. Subatow machte die zaristische Regierung von 1901 bis 1903 den Versuch, die Arbeiter vom revolutionären Kampf abzulenken, indem sie legale, von der Polizei kontrollierte Arbeiterorganisationen schuf.

[2] Der Ökonomismus war die erste Erscheinungsform des Opportunismus in der Arbeiterbewegung Rußlands in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Die Ökonomisten traten für trade-unionistische Kampfformen ein und wandten sich gegen den politischen Kampf des Proletariats.