Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 87

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-2/seite/87

Jahresrente sichergestellt werden. Auch im Falle des Todes eines Arbeiters infolge eines „Arbeitsunfalles“ muß eine Rente der hinterbliebenen Witwe und den minderjährigen Kindern entsprechend ihrer Zahl ausgezahlt werden. Endlich müssen alle Arbeiter und Arbeiterinnen im Alter – nach dem 60. Lebensjahr – eine Lebensrente erhalten, die ihnen wenigstens eine leidliche Möglichkeit bietet, ohne Elend mit der Familie zu leben. Diese Versicherung muß von besonderen Beamten unter der Kontrolle der Arbeiter beaufsichtigt werden, und die Kosten dieser Versicherung sollen zur Hälfte die Kapitalisten – jeder für seine Arbeiter – und zur Hälfte die Regierung aus der Staatskasse bestreiten. Wenn in der Staatskasse Geld für Kanonen und Karabiner zum Mord an den kämpfenden Arbeitern, wenn Geld für den luxuriösen Unterhalt des Hofes und der Hofschranzen, die das werktätige Volk quälen, vorhanden ist, so müssen sich auch Mittel dafür finden, Millionen von arbeitsamen und ehrlichen Leuten während einer Krankheit und im Alter vor Hunger und Not zu bewahren, die sie unverschuldet, nur durch die Schuld der gemeinen Ausbeutung der Kapitalisten, heimsuchen;

f) Fabrikinspektion unter Teilnahme und Kontrolle der Arbeiter

Die besten Schutzgesetze werden nichts nützen, wenn nicht sorgfältig darauf geachtet wird, daß die Kapitalisten diese Gesetze wirklich einhalten. So hat doch auch die zaristische Regierung zur Irreführung der Arbeiterklasse schon seit langem verschiedene Fabrikgesetze scheinbar zum Schutze der Arbeiter erlassen. Aber diese Gesetze blieben zum größten Teil nur auf dem Papier, und die Kapitalisten spotteten darüber, da sie wußten, daß ihnen nichts geschieht, wenn sie sich nicht nach den Fabrikgesetzen richten. Zwar führte die zaristische Regierung Fabrikinspektoren ein, die die Anwendung der Schutzgesetze beaufsichtigen sollten und dafür Gehälter empfingen, die aus der Tasche der Bevölkerung gezahlt wurden. Aber diese Inspektoren sind zaristische Beamte, die das Schicksal der Arbeiter nicht berührt, die ebenso wie die ganze zaristische Regierung die Kapitalisten für ihresgleichen ansehen. Die Fabrikanten haben auch verschiedene Methoden, die Wahrheit vor den Inspektoren zu verbergen, die übrigens für Schmiergelder, Wein und Zigarren oder einfach aus Gleichgültigkeit gegenüber den Arbeitern zum größten Teil bereit sind, bei den Übertretungen der Kapitalisten ein Auge zuzudrücken. In letzter Zeit jedoch wird es immer mehr gang und gäbe, daß die Fabrikinspektoren in Rußland die Rolle von Polizisten spielen, die aufpassen, daß die Arbeiter nicht streiken und die Ausbeutung demütig ertragen, statt für die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeiter zu sorgen. Damit

Nächste Seite »