Folgen noch einige Hinweise auf die Wahltechnik und zum Schluß die Zusicherung, daß mit der Wahl Daszynskis „die Sache der armen Leute siegen werde, denn die Armen bilden die enorme Mehrheit“. Das Flugblatt trägt die lakonische Unterschrift: Das Wahlkomitee! Welcher Partei dieses Wahlkomitee gehört, welcher Partei der Kandidat angehört – darüber kein Wort. Im ganzen Flugblatt ist weder der Sozialdemokratie noch ihres Programms, ihrer Ziele und Bestrebungen die geringste Erwähnung getan. Der Wahlkampf ist hier ein Kampf nicht um Prinzipien und Parteien, sondern für und gegen Personen. In demselben Augenblick, in dem die Sozialdemokratie gegen das Personen- und Cliquenwesen im Polenklub auftritt, befleißigt sie sich ihrerseits derselben Taktik, steigt auf dasselbe Niveau herab, übertrumpft vielleicht nur den Humbug des bürgerlichen Personenkultus, wie sie den Humbug der nationalistischen Demagogie zu übertrumpfen sucht. Daszynski hat das allgemeine, gleiche Wahlrecht zum Reichsrat erobert! Nicht die Arbeiterklasse Österreichs, nicht die Sozialdemokratie, sondern Daszynski. In einer Novelle von Sienkiewicz wird nach der Schlacht bei Gravelotte unter andern preußischen Soldaten der Bartel aus einem Posener Dorf von General Steinmetz gefragt: „Wer hat heute die Schlacht gewonnen?“ „Ich!“ antwortete prompt Bartel. Steinmetz, der den tapferen Krieger mit einem Kreuz auszeichnen wollte, murmelte darauf lächelnd zu seinem Kollegen: „Zu dumm, Exzellenz.“ – Sollte es Aufgabe der Sozialdemokratie sein, solche politischen Bartels in Galizien zu erziehen? Mandate sind eine äußerst wichtige Sache, aber bei einer solchen Art der Wahlagitation glauben wir leider, auch sagen zu müssen: Zu dumm, Exzellenz!
Leipziger Volkszeitung,
Nr. 154 vom 7. Juli 1911.