Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 436

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getragen. Falls die 17 Landtagsabgeordneten dem Willen der Gesamtpartei weiter trotzen und ihre aberkannten Mandate behalten wollen, stellen sie sich selbst außerhalb der Partei, sie haben dann für die deutsche Sozialdemokratie zu existieren aufgehört. Der Entschluß des Parteitages wird somit klärend und befreiend wirken, er wird das proletarische Gewissen der breiten Parteikreise Badens aufrütteln und die Gesamtpartei offiziell von der Gemeinschaft mit revisionistischen Seitensprüngen loslösen.

Sollten aber gar die badischen Genossen in ihrer Masse um der 17 Parlamentarier willen mit der Gesamtpartei offenen Krieg führen wollen – nun, die Partei kann unter diesen Umständen mit völliger Ruhe der Weiterentwicklung der Dinge entgegensehen. Wir wollen keine Spaltung der Partei suchen und herbeiführen. Sollte sie jedoch von den badischen Genossen mutwillig herbeigeführt werden, dann trägt die Gesamtpartei keine Schuld daran. Und es dürfte eine ganz kurze Zeitspanne genügen, um die badischen Genossen, die sich selbst ins Unrecht setzen würden, in das große Lager ihrer Kampfgenossen zurückzuführen. Jedenfalls darf sich die Partei durch keine Drohungen von dem abbringen lassen, was ihr Daseinsrecht erfordert. Die äußere Einheit der Partei darf niemals durch Anerkennung der inneren Uneinigkeit und Zersplitterung in der Aktion erkauft werden. Schwingt sich hingegen der Parteitag nicht zu der einfachen Aberkennung der verwirkten Mandate der 17 badischen Landtagsabgeordneten auf, dann bildet eine neue Resolution zur Verurteilung der badischen Kammerpolitik nach so vielen früheren bloß verlorene Worte. Und je schärfer diese Worte ausfallen, um so deutlicher werden sie die Ohnmacht der Partei beweisen, ihren Worten entsprechende Handlungen folgen zu lassen.

Bremer Bürger-Zeitung,

Nr. 185 vom 10. August 1910.

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