Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 28

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Faktoren des Kampfes nach Ansicht der Bourgeoisie und der bürgerlich denkenden „Freunde“ der Revolution. Bürgerliche Gehirne, die dem groben Materialismus huldigen, sind nicht in der Lage zu verstehen, daß sogar in den kapitalistischen Kriegen nicht die Waffen und die physischen Kräfte des Militärs über den Sieg entscheiden, sondern die Überlegenheit des gesellschaftspolitischen Fortschritts. Die Niederlage Rußlands im japanischen Krieg[1] war nicht der Triumph der japanischen Torpedoboote, sondern der Triumph der jungen kapitalistischen Gesellschaft über die sich zersetzende Leiche des Absolutismus ebenso wie die Sewastopoler Niederlage des Zarentums im Krimkrieg vor einem halben Jahrhundert nicht der Bankrott der russischen Kanonen und Fortifikationen war, sondern der der russischen Leibeigenschaft, so wie die Niederlage der Deutschen bei Jena im Jahre 1807 im Krieg gegen Napoleon der Sieg der Französischen Revolution und des erneuerten bürgerlichen Frankreichs über den morschen deutschen Feudalismus war. Wenn schon das Schicksal der epochalen Kriege nicht die nackten physischen Waffen, sondern die historischen Notwendigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung entscheiden, die schon selbst die Vollkommenheit der Waffen und die Überlegenheit der Strategie und vor allem jenes Kampfgeistes hervorbringt, der den Sieg sichert, so ist das Schicksal der Revolution ausschließlich und völlig das Werk dieser Entwicklung. In allen Revolutionen der bürgerlichen Gesellschaft war, ist und wird das Volk schlecht bewaffnet sein, und das reguläre Militär hat und wird die physische Übermacht über das Volk haben. Darauf beruht sie doch gerade, und darauf ist sie gerichtet, die Institution der ständigen Armeen und der Wehrlosigkeit des Volkes in den kapitalistischen Staaten, und deshalb ist auch eine der nächsten Forderungen der Sozialdemokratie in allen Ländern die Bewaffnung des Volkes, die Miliz. Aber trotzdem endeten alle bisherigen Revolutionen mit dem Sieg des Volkes und der Kapitulation der alten, überlebten gesellschaftlichen und politischen Formen. Ebenso entscheidet über das Schicksal der gegenwärtigen Arbeiterrevolution nicht die Frage, wieviel Feuerwaffen die kämpfenden Arbeiter zu ihrer Verfügung haben, sondern die Tatsache, daß der Sturz des Absolutismus in Anbetracht der mächtigen Entwicklung des Klassenkampfes des Proletariats, der auf dem Boden des vom Zarentum selbst aufgezogenen Kapitalismus gewachsen ist, zu einer historischen Notwendigkeit geworden ist. Während unsere feige

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[1] Von Januar 1904 bis September 1905 hatte Japan einen imperialistischen Krieg gegen Rußland um die Vorherrschaft im Fernen Osten geführt. Die schwere Niederlage der russischen Truppen im Jahre 1905 schwächte den Zarismus und verschärfte die revolutionäre Krise in Rußland.