ist. „Bürgerliche Revolutionen“, sagt Karl Marx in seinem Werk „Der achtzehnte Brumaire“, „stürmen rascher von Erfolg zu Erfolg, ihre dramatischen Effekte überbieten sich, Menschen und Dinge scheinen in Feuerbrillanten gefaßt, die Ekstase ist der Geist jedes Tages; aber sie sind kurzlebig, bald haben sie ihren Höhepunkt erreicht, und ein langer Katzenjammer erfaßt die Gesellschaft, ehe sie die Resultate ihrer Drang- und Sturmperiode nüchtern sich aneignen lernt. Proletarische Revolutionen dagegen, wie die des neunzehnten Jahrhunderts, kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eigenen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen, verhöhnen grausam-gründlich die Halbheiten, Schwächen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche, scheinen ihren Gegner nur niederzuwerfen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber wieder aufrichte, schrecken stets von neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Zwecke, bis die Situation geschaffen ist, die jede Umkehr unmöglich macht, und die Verhältnisse
selbst rufen:
Hic Rhodus, hic salta!
Hier ist die Rhodus, hier tanze!“[1]
Die Selbstkritik der Arbeiterklasse – daß sie sich auf jedem Schritt die Richtung, die Logik und die Grundlagen ihrer eigenen Klassenbewegung bewußt macht – ist die Quelle, aus der sie wieder und wieder die Kraft zu neuem Kampf schöpft und sich die eigenen Schwankungen und Niederlagen als Beweise ihrer Kraft und des sicheren Sieges erklärt.
Im gegenwärtigen Augenblick scheinen die weiteren Aufgaben der Revolution unlösbar schwierig zu sein. Einerseits scheint der allgemeine ausschließlich friedliche Streik auf den ersten Blick als Waffe des Kampfes erschöpft, verbraucht zu sein. Andererseits scheinen der Aufstand und der bewaffnete Kampf noch ganz unvorbereitet zu sein. Da ist der in Strömen von Blut unterdrückte heldenhafte Aufstand des Proletariats in Moskau, der äußerlich mit einer Niederlage endete. Da ist die Soldateska, noch bereit zu Mordtaten und dazu, den Befehlen der Verbrecher in der Regierung gehorsam zu sein. Da ist die Masse des Volkes, noch unbewaffnet und mit wehrloser Brust den mörderischen Schüssen des Militärs ausgesetzt.
Aber die Lage ist nur oberflächlich gesehen so. In Wirklichkeit haben derselbe Lauf und dieselbe Entwicklung der Revolution, die uns der Not-
[1] Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 8. Berlin 1969, S. 118.