Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 204

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den Zusammenprall der Massen mit den herrschenden Mächten grenzt, da wird die Idee des einen und unteilbaren Weltproletariats mit verstärkter Kraft lebendig. Die Vorbereitungen der Bourgeoisie auf den 1. Mai in allen Ländern erinnern das Proletariat in diesem Jahre wieder mit Macht daran, daß sein Befreiungskampf ein und derselbe in allen Ländern ist. Heute steht aber an der Spitze der Arbeiterarmee aller Länder das russische Proletariat, das Proletariat im Reiche der Revolution. Und die revolutionären Kämpfe dieses Proletariats, seine Erfahrungen, seine Probleme sind die große geschichtliche Schule für unsere eigenen künftigen Schlachten.

So zieht der 1. Mai in diesem Jahre herauf, von neuem kräftigem Hauch umwittert, wieder wie im Anfang von der Bourgeoisie mit Haß und Furcht, von den Arbeitermassen mit entschlossener Kampffreude begrüßt. Von Anfang an eine proletarische Demonstration für den Achtstundentag und für den Weltfrieden, gestaltet sie sich allmählich zu einer Demonstration für die proletarische Revolution. Nicht einem Niedergang, einem ungeahnten Aufschwung geht die Maifeier entgegen, denn sie wird getragen und emporgehoben von demselben Sturmwind, der bereits über die Oberfläche der bürgerlichen Gesellschaft streift und der uns in die heftigsten Kämpfe, aber auch zu den endgültigen Siegen führen wird.

Die Gleichheit (Stuttgart),
17. Jg. 1907, Nr. 9, S. 71.

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