Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 159

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glieder und der niedrigen Ziffer der sozialdemokratisch Organisierten, in gewissem Maße ein direkter kausaler Zusammenhang besteht. Tausende und aber Tausende von Arbeitern treten den Parteiorganisationen nicht bei, eben weil sie in die Gewerkschaften eintreten. Der Theorie nach müßten alle Arbeiter zwiefach organisiert sein: in zweierlei Versammlungen gehen[1], zweifache Beiträge zahlen, zweierlei Arbeiterpresse[2] lesen usw. Um dies jedoch zu tun, dazu gehört schon ein hoher Grad der Intelligenz und jener Idealismus, der aus reinem Pflichtgefühl gegenüber der Arbeiterbewegung tägliche Opfer an Zeit und Geld nicht scheut, endlich auch jenes leidenschaftliche Interesse für das reine innere[3] Parteileben, das nur durch Zugehörigkeit zur Parteiorganisation befriedigt werden kann. All das trifft bei der aufgeklärtesten und intelligentesten Minderheit der sozialdemokratischen Arbeiterschaft in den Großstädten zu, wo das Parteileben ein inhaltsreiches und anziehendes, wo die Lebenshaltung der Arbeiter eine höhere ist. Bei den breiteren Schichten der großstädtischen Arbeitermasse aber sowie in der Provinz, in den kleineren und kleinsten Nestern, wo das lokale politische Leben ein unselbständiges, ein bloßer Reflex der hauptstädtischen Vorgänge, wo das Parteileben folglich auch ein armes und monotones ist, wo endlich die wirtschaftliche Lebenshaltung des Arbeiters meistens eine sehr kümmerliche, da ist das doppelte Organisationsverhältnis sehr schwer durchzuführen.

Für den sozialdemokratisch gesinnten Arbeiter aus der Masse wird dann die Frage von selbst in der Weise gelöst, daß er eben seiner Gewerkschaft beitritt. Den unmittelbaren Interessen seines wirtschaftlichen Kampfes kann er nämlich, was durch die Natur dieses Kampfes selbst bedingt ist, nicht anders genügen als durch den Beitritt zu einer Berufsorganisation. Der Beitrag, den er hier vielfach unter bedeutenden Opfern seiner Lebenshaltung zahlt, bringt ihm unmittelbaren, sichtlichen Nutzen. Seine sozialdemokratische Gesinnung aber vermag er auch ohne Zugehörigkeit zu einer speziellen Parteiorganisation zu betätigen: durch Stimmabgabe bei den Parlamentswahlen, durch den Besuch sozialdemokratischer Volksversammlungen, durch das Verfolgen der Berichte über sozialdemokratische Reden in den Vertretungskörpern, durch das Lesen der Parteipresse – man vergleiche zum Beispiel die Zahl der sozialdemokratischen Wähler sowie die Abonnentenzahl des „Vorwärts“ mit der Zahl der organisierten Parteimitglieder in Berlin. Und, was das Ausschlaggebende

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[1] 1. Auflage: zweierlei Versammlungen besuchen.

[2] 1. Auflage: Arbeiterblätter.

[3] 1. Auflage: das eigentliche.