Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 150

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kapitalistischen Entwicklung und erscheint weniger ein letzter Nachläufer der alten bürgerlichen als ein Vorläufer der neuen Serie der proletarischen Revolutionen des Westens. Das zurückgebliebenste Land weist, gerade weil es sich mit seiner bürgerlichen Revolution so unverzeihlich verspätet hat, Wege und Methoden des weiteren Klassenkampfes dem Proletariat Deutschlands und der vorgeschrittensten kapitalistischen Länder.

Demnach erscheint es, auch von dieser Seite genommen, gänzlich verfehlt, die russische Revolution als ein schönes Schauspiel, als etwas spezifisch „Russisches“ von weitem zu betrachten und höchstens das Heldentum der Kämpfer, d. h. die äußeren Akzessorien des Kampfes, zu bewundern. Viel wichtiger ist es, daß die deutschen Arbeiter die russische Revolution als ihre eigene Angelegenheit zu betrachten lernen, nicht bloß im Sinne der internationalen Klassensolidarität mit dem russischen Proletariat, sondern vor allem als ein Kapitel der eigenen sozialen und politischen Geschichte. Diejenigen Gewerkschaftsführer und Parlamentarier, die das deutsche Proletariat als „zu schwach“ und die deutschen Verhältnisse als zu unreif für revolutionäre Massenkämpfe betrachten, haben offenbar keine Ahnung davon, daß der Gradmesser der Reife der Klassenverhältnisse in Deutschland und der Macht des Proletariats nicht in den Statistiken der deutschen Gewerkschaften oder in den Wahlstatistiken liegt, sondern – in den Vorgängen der russischen Revolution. Genauso wie sich die Reife der französischen Klassengegensätze unter der Julimonarchie und die Pariser Junischlacht in der deutschen Märzrevolution, in ihrem Verlauf und ihrem Fiasko spiegelte, ebenso spiegelt sich heute die Reife der deutschen Klassengegensätze in den Vorgängen, in der Macht der russischen Revolution. Und während die Bürokraten der deutschen Arbeiterbewegung den Nachweis ihrer Kraft und ihrer Reife in den Schubfächern ihrer Kontore auskramen, sehen sie nicht, daß das Gesuchte gerade vor ihren Augen in einer großen historischen Offenbarung liegt, denn geschichtlich genommen ist die russische Revolution ein Reflex der Macht und der Reife der internationalen, also in erster Linie der deutschen Arbeiterbewegung.

Es wäre deshalb ein gar zu klägliches, grotesk winziges Resultat der russischen Revolution, wollte das deutsche Proletariat aus ihr bloß die Lehre ziehen, daß es – wie die Gen. Frohme, Elm und andere wollen – von der russischen Revolution die äußere Form des Kampfes, den Massenstreik, entlehnt und zu einer Vorratskanone für den Fall der Kassierung des Reichstagswahlrechts, also zu einem passiven Mittel der parlamentarischen Defensive kastriert. Wenn man uns das Reichstagswahlrecht

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