Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 137

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dringt, ganze große Schichten, die bis jetzt gar nicht oder vergeblich auf dem Wege alltäglicher Lohnkämpfe sich aus dem sozialen Helotentum emporzuheben versuchen? Nehmen wir das Bergarbeiterelend. Schon in dem ruhigen Werkeltag, in der kalten Atmosphäre des parlamentarischen Einerlei Deutschlands – wie in den anderen Ländern auch, selbst im Dorado der Gewerkschaften, in England – äußert sich der Lohnkampf der Bergarbeiter fast nicht anders als von Zeit zu Zeit in gewaltigen Eruptionen, in Massenstreiks von typischem, elementarem Charakter. Dies zeigt eben, daß der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit hier ein zu scharfer und gewaltiger ist, als daß er sich in die Form ruhiger, planmäßiger, partieller Gewerkschaftskämpfe zerbröckeln ließe. Dieses Bergarbeiterelend aber mit seinem eruptiven Boden, das schon in „normalen“ Zeiten einen Wetterwinkel von größter Heftigkeit bildet, müßte sich in Deutschland bei jeder größeren politischen Massenaktion der Arbeiterklasse, bei jedem stärkeren Ruck, der das momentane Gleichgewicht des sozialen Alltags verschiebt, unvermeidlich sofort in einen gewaltigen ökonomisch-sozialen Kampf entladen. Nehmen wir ferner das Textilarbeiterelend. Auch hier geben die erbitterten und meistens resultatlosen Ausbrüche des Lohnkampfes, der das Vogtland alle paar Jahre durchtobt, einen schwachen Begriff von der Vehemenz, mit der die große, zusammengeknäuelte Masse der Heloten des kartellierten Textilkapitals bei einer politischen Erschütterung, bei einer kräftigen und kühnen Massenaktion des deutschen Proletariats explodieren müßte. Nehmen wir ferner das Heimarbeiterelend, das Kontektionsarbeiterelend, das Elektrizitätsarbeiterelend, lauter Wetterwinkel, in denen um so sicherer bei jeder politischen Lufterschütterung in Deutschland gewaltige wirtschaftliche Kämpfe ausbrechen werden, je seltener das Proletariat hier sonst, in ruhigen Zeiten, den Kampf aufnimmt und je erfolgloser es jedesmal kämpft, je brutaler es vom Kapital gezwungen wird, zähneknirschend ins Sklavenjoch zurückzukehren.

Nun aber kommen in Betracht ganze große Kategorien des Proletariats, die überhaupt bei dem „normalen“ Lauf der Dinge in Deutschland von jeder Möglichkeit eines ruhigen wirtschaftlichen Kampfes um die Hebung ihrer Lage und von jedem Gebrauch des Koalitionsrechts ausgeschlossen sind. Vor allem nennen wir zum Beispiel das glänzende Elend der Eisenbahn- und der Postangestellten. Bestehen doch für diese Staatsarbeiter mitten im parlamentarischen Rechtsstaat Deutschland russische Zustände, wohlgemerkt russische, wie sie nur vor der Revolution, während der ungetrübten Herrlichkeit des Absolutismus, bestanden. Bereits in dem gro‑

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