Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 2, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2004, S. 114

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Unterste muß nach oben, das Oberste nach unten gekehrt, die scheinbare „Ordnung“ in ein Chaos und aus dem scheinbaren „anarchischen“ Chaos eine neue Ordnung umgeschaffen werden. Und nun in diesem Prozeß der sozialen Umschachtelung des alten Rußlands spielte nicht nur der Januarblitz des ersten Generalstreiks, sondern noch mehr das darauffolgende große Frühlings- und Sommergewitter der ökonomischen Streiks eine unersetzliche Rolle. Die erbitterte allgemeine Auseinandersetzung der Lohnarbeit mit dem Kapital hat im gleichen Maße zur Auseinandergrenzung der verschiedenen Volksschichten wie der bürgerlichen Schichten, zum Klassenbewußtsein des revolutionären Proletariats wie auch der liberalen und konservativen Bourgeoisie beigetragen. Und wie die städtischen Lohnkämpfe zur Bildung der starken monarchischen Moskauer Industriellenpartei[1] beigetragen haben, so hat der rote Hahn der gewaltigen Landerhebung in Livland zur raschen Liquidation des berühmten adelig-agrarischen Semstwo-Liberalismus geführt.

Zugleich aber hat die Periode der ökonomischen Kämpfe im Frühling und Sommer des Jahres 1905 dem städtischen Proletariat in der Gestalt der regen sozialdemokratischen Agitation und Leitung die Möglichkeit gegeben, die ganze Summe der Lehren des Januarprologs sich nachträglich anzueignen, sich die weiteren Aufgaben der Revolution klarzumachen. Im Zusammenhang damit steht aber noch ein anderes Ergebnis dauernden sozialen Charakters: eine allgemeine Hebung des Lebensniveaus des Proletariats, des wirtschaftlichen, sozialen und intellektuellen. Die Frühlingsstreiks des Jahres 1905 sind fast durchweg siegreich verlaufen. Als eine Probe aus dem enormen und noch meistens unübersehbaren Tatsachenmaterial seien hier nur einige Daten über ein paar der allein in Warschau von der Sozialdemokratie Polens und Litauens geleiteten wichtigsten Streiks angeführt. In den größten Fabriken der Metallbranche Warschaus: Aktiengesellschaft Lilpop, Rau & Löwenstein, Rudzki & Co., Bormann, Schwede & Co., Handtke, Gerlach & Pulst, Gebrüder Geisler, Eberhard, Wolski & Co., Aktiengesellschaft Konrad & Jarmuszkiewicz, Weber & Daehn, Gwizdzinski & Co., Drahtfabrik Wolanowski, Aktiengesellschaft Gostynski & Co., K. Brun & Sohn, Fraget, Norblin, Werner, Buch, Gebrüder Kenneberg, Labor, Lampenfabrik Dittmar, Serkowski, Weszyzki, zusammen 22 Fabriken, errangen die Arbeiter sämtlich nach einem vier- bis fünfwöchigen Streik (seit dem 25. und 26. Januar) den

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[1] Die Handels- und Industriepartei war eine konterrevolutionäre Partei des Großkapitals des Zentralen Industriegebietes. Sie wurde nach Veröffentlichung des Oktobermanifests 1905 (Die zaristische Regierung sah sich angesichts des politischen Generalstreiks in Rußland gezwungen, konstitutionelle Zugeständnisse zu machen. Im Manifest vom 30. Oktober 1905 wurden bürgerliche Preiheiten gewährt, der Kreis der Wahlberechtigten für die Duma erweitert und der Duma die legislative Gewalt gegeben.) in Moskau gegründet und zerfiel Ende 1906.