Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 772

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heraus, die schließlich die feudale Frongesellschaft zersetzen; sie bricht zusammen, um der kapitalistischen Produktion Platz zu machen, die aus der handwerksmäßigen Warenproduktion dank dem Welthandel, der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Indien emporgewachsen ist.

Die kapitalistische Produktionsweise ist ihrerseits schon von vornherein, aus der ganzen enormen Perspektive des historischen Fortschritts betrachtet, keine unabänderliche und für ewige Zeiten bestehende, sondern sie ist ebenso eine bloße Übergangsphase, eine Staffel in der kolossalen Leiter der menschlichen Kulturentwicklung wie jede der vorhergehenden gesellschaftlichen Formen. Und tatsächlich führt die Entwicklung des Kapitalismus selbst bei näherem Zusehen zu seinem eigenen Untergang und über ihn hinaus. Haben wir bis jetzt die Zusammenhänge untersucht, die die kapitalistische Wirtschaft möglich machen, so ist es jetzt an der Zeit, diejenigen kennenzulernen, die sie unmöglich machen. Dazu brauchen wir die eigenen inneren Gesetze der Kapitalsherrschaft nur in ihrer weiteren Wirkung zu verfolgen. Sie sind es selbst, die sich auf einer gewissen Höhe der Entwicklung gegen alle die Grundbedingungen kehren, ohne die die menschliche Gesellschaft nicht bestehen kann. Was die kapitalistische Produktionsweise vor allen früheren besonders auszeichnet, ist, daß sie das innere Bestreben hat, sich mechanisch auf die ganze Erdkugel auszudehnen und jede andere, ältere Gesellschaftsordnung zu verdrängen. In den Zeiten des Urkommunismus war die ganze der historischen Forschung zugängliche Welt gleichfalls mit kommunistischen Wirtschaften bedeckt. Allein zwischen den einzelnen kommunistischen Gemeinden und Stämmen bestanden gar keine oder nur zwischen den benachbarten Gemeinden schwache Beziehungen. Jede solche Gemeinde oder jeder Stamm lebte für sich ein geschlossenes Leben, und wenn wir auch zum Beispiel solche auffallenden Tatsachen finden, daß die mittelalterliche germanische kommunistische Gemeinde und die altperuanische in Südamerika fast gleichnamig waren, indem jene „Mark“, diese „marca“ hieß, so ist uns dieser Umstand bis jetzt noch ein unaufgeklärtes Rätsel, wo nicht ein bloßer Zufall. Auch zur Zeit der Verbreitung der antiken Sklaverei finden wir bloß größere oder geringere Ähnlichkeit in der Organisation und den Verhältnissen der einzelnen Sklavenwirtschaften und Sklavenstaaten des Altertums, nicht aber eine Gemeinsamkeit des wirtschaftlichen Lebens zwischen ihnen. Desgleichen wiederholte sich die Geschichte des Zunfthandwerks und seiner Befreiung mit mehr oder weniger Übereinstimmung in den meisten Städten des mittelalterlichen Italiens, Deutschlands, Frankreichs, Hol-

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