Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 731

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wollte, sind ja das einzige Mittel, den Warenproduzenten anzuzeigen, ob sie zuwenig oder zuviel von einer Ware herstellen, ob sie weniger oder mehr als erforderlich auf ihre Herstellung Arbeit verwenden, ob sie die richtigen Waren oder nicht erzeugen. Schafft man dieses einzige Verständigungsmittel zwischen den isolierten Warenproduzenten in der anarchischen Wirtschaft ab, so sind sie ganz verloren, dann sind sie nicht nur taubstumm, sondern auch blind. Dann muß die Produktion stillstehen, und der kapitalistische Babelturm zerfällt in Trümmer. Die sozialistischen Pläne, die aus der kapitalistischen Warenproduktion eine sozialistische machen wollten durch die bloße Abschaffung des Geldes, sind also eine reine Utopie.

Allein wie steht es denn in Wirklichkeit mit der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bei der Warenproduktion? Wie kann bei allgemeiner Warenproduktion, wo jedermann nur für ein Arbeitsprodukt etwas kriegen kann und wo nur gleiche Wette gegen gleiche Werte ausgetauscht werden, wie kann dabei Ungleichheit des Reichtums entstehen? Die heutige kapitalistische Wirtschaft zeichnet sich aber, wie jedermann weiß, gerade am meisten durch die schreiende Ungleichheit in der materiellen Lage der Menschen aus, durch ungeheure Ansammlung von Reichtümern in wenigen Händen auf der einen und durch wachsende Massenarmut auf der anderen Seite. Die weitere Frage, die sich für uns logisch aus dem Bisherigen ergibt, gestaltet sich demnach so: Wie ist bei der Warenwirtschaft und dem Austausch der Waren nach ihrem Wert der Kapitalismus möglich?

IV Lohnarbeit

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Alle Waren tauschen sich gegeneinander aus nach ihrem Wert, das heißt nach der in ihnen enthaltenen gesellschaftlich notwendigen Arbeit. Spielt das Geld die Rolle des Vermittlers, so ändert das an dieser Grundlage des Austausches der Waren nichts: Das Geld ist selbst nur der nackte Ausdruck der gesellschaftlichen Arbeit, und die Menge des Werts, die in jeder Ware steckt, wird ausgedrückt durch die Menge Geld, für die die Ware verkauft wird. Auf Grund dieses Wertgesetzes herrscht zwischen den Waren auf dem Markt vollkommene Gleichheit. Und es würde auch unter den Warenverkäufern völlige Gleichheit herrschen, wenn nicht unter den

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