Erster Abschnitt. Das Problem der Reproduktion
Erstes Kapitel. Gegenstand der Untersuchung
Zu den unvergänglichen Verdiensten Marxens um die theoretische Nationalökonomie gehört seine Stellung des Problems der Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Bezeichnenderweise begegnen wir in der Geschichte der Nationalökonomie nur zwei Versuchen einer exakten Darstellung des Problems: an ihrer Schwelle, bei dem Vater der Physiokratenschule[1], Quesnay, und an ihrem Ausgang, bei Karl Marx. In der Zwischenzeit hört das Problem nicht auf, die bürgerliche Nationalökonomie zu quälen, doch hat sie es nie bewußt und nie in seiner reinen Form, losgelöst von verwandten und durchkreuzenden Nebenproblemen, auch nur zu stellen, geschweige zu lösen gewußt. Bei der fundamentalen Bedeutung dieses Problems jedoch kann man bis zu einem gewissen Grad an der Hand dieser Versuche die Schicksale der wissenschaftlichen Ökonomie überhaupt verfolgen.
Worin besteht das Problem der Reproduktion des Gesamtkapitals?
Reproduktion ist wörtlich genommen einfach Wiederproduktion, Wiederholung, Erneuerung des Produktionsprozesses, und es mag auf den ersten Blick nicht abzusehen sein, worin sich der Begriff der Reproduktion von dem allgemeinverständlichen der Produktion eigentlich unterscheiden und wozu hierfür ein neuer, befremdender Ausdruck nötig sein soll. Allein gerade in der Wiederholung, in der ständigen Wiederkehr des Produk-
[1] Schule der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie im 18. Jahrhundert in Frankreich. Ihre Hauptvertreter waren François Quesnay und Robert Jacques Turgot. Die Physiokraten stellten erstmals die Produktionssphäre in den Mittelpunkt der ökonomisch-theoretischen Analyse. Sic sahen in der kapitalistisch betriebenen Landwirtschaft den einzig mehrwerterzeugenden Produktionszweig. In den Manufakturen und Handwerksbetrieben gäbe es nur eine einfache Reproduktion. Im Interesse der Bourgeoisie forderten sie wirtschaftliche Freiheit und die Sicherung des Privateigentums.