Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 209

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halten Sie die Anteile aber nur in der Quote, die sie am Nationalprodukt einnehmen, fest, und lassen Sie dann die Produktivität zunehmen, so haben Sie auch das feste Wertgefäß, das einen immer größeren Inhalt aufzunehmen imstande ist, so haben Sie den immer zunehmenden Wohlstand auch der arbeitenden Klassen ... Umgekehrt stellen Sie sich die Anteile der arbeitenden Klassen so groß vor, wie Sie wollen, lassen Sie sie aber unter der Zunahme der Produktivität zu einer immer kleineren Quote des Nationalprodukts herabsinken, so werden diese Anteile zwar bis dahin, daß sie auf ihre heutige Geringfügigkeit zurückgebracht sind, immer noch vor übergroßer Entbehrung schützen, denn ihr Produktinhalt wird noch immer bedeutend größer als heute sein, aber sie werden dennoch sofort, als sie zu sinken beginnen, jene zu unsern Handelskrisen sich steigernde Unbefriedigung nach sich ziehen, die ohne Verschulden der Kapitalisten ja nur deshalb eintritt, weil die Kapitalisten den Umfang ihrer Produktion nach der gegebenen Größe der Anteile einrichteten.“[1]

Also die „fallende Lohnquote“ ist die eigentliche Ursache der Krisen und das einzig wirksame Mittel gegen sie – die gesetzliche Bestimmung, wonach der Anteil der Arbeiter am Nationalprodukt eine feste und unabänderliche Quote darstellt. Man muß sich in diesen bizarren Einfall gut hineindenken, um seinen ökonomischen Inhalt nach Gebühr zu würdigen.

Siebzehntes Kapitel. Rodbertus’ Analyse der Reproduktion

Was soll es vor allem bedeuten, daß die Verringerung des Anteils der Arbeiter „sofort“ Überproduktion und Handelskrisen hervorrufen müsse? Diese Auffassung wird nur begreiflich, wenn man voraussetzt, daß Rodbertus sich das „Nationalprodukt“ aus zwei Teilen bestehend vorstellt, aus dem Anteil der Arbeiter und dem Anteil der Kapitalisten, also v + m, wobei sich etwa der eine Teil gegen den anderen austauscht. In der Tat spricht Rodbertus stellenweise beinahe in diesem Sinne, so, wenn er im „Ersten socialen Briefe“ sagt: „Die Armut der arbeitenden Klassen läßt niemals zu, daß ihr Einkommen ein Bett für die anschwellende Produktion abgebe. Das Übermaß von Produkten, das in den Händen der Arbeiter nicht bloß deren Lage verbessern, sondern zugleich ein Gewicht abgeben würde, um den Wert des bei den Unternehmern verbleibenden Restes zu steigern und diesen damit die Bedingung der Fortsetzung ihrer

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[1] l. c., Bd. I, S. 59. – [Fußnote im Original]