Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 123

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/123

Neuntes Kapitel. Die Schwierigkeit unter dem Gesichtswinkel des Zirkulationsprozesses

Die Analyse litt u. E. darunter, daß Marx das Problem unter der schief en Form der Frage nach „Geldquellen“ zu beantworten suchte. Es handelt sich aber in Wirklichkeit um tatsächliche Nachfrage, um Verwendung für Waren, nicht um Geldquellen zu ihrer Bezahlung. In bezug auf Geld als Medium der Zirkulation müssen wir hier, bei der Betrachtung des Reproduktionsprozesses im ganzen, annehmen, daß die kapitalistische Gesellschaft stets die zu ihrem Zirkulationsprozeß erforderliche Geldmenge zur Verfügung hat oder sich dafür Surrogate zu beschaffen weiß. Was zu erklären ist, sind die großen gesellschaftlichen Austauschakte, die durch reale ökonomische Bedürfnisse hervorgerufen werden. Daß der kapitalistische Mehrwert, bevor er akkumuliert werden kann, unbedingt die Geldform passieren muß, darf nicht außer acht gelassen werden. Dennoch suchen wir aber die ökonomische Nachfrage nach dem Mehrprodukt ausfindig zu machen, ohne uns weiter um die Herkunft des Geldes zu kümmern. Denn, wie Marx selbst an einer anderen Stelle sagt: „Das Geld auf der einen Seite ruft dann die erweiterte Reproduktion auf der andern ins Leben, weil deren Möglichkeit ohne das Geld da ist, denn Geld an sich selbst ist kein Element der wirklichen Reproduktion.“[1]

Daß die Frage nach der „Geldquelle“ zur Akkumulation eine ganz sterile Formulierung des Problems der Akkumulation ist, zeigt sich bei Marx selbst in einem anderen Zusammenhang.

Dieselbe Schwierigkeit beschäftigte ihn nämlich schon einmal im zweiten Bande des „Kapitals“ bei der Untersuchung des Zirkulationsprozesses. Schon bei der Betrachtung der einfachen Reproduktion stellt er bei der Zirkulation des Mehrwerts die Frage:

„Aber das Warenkapital, vor seiner Rückverwandlung in produktives Kapital und vor der Verausgabung des in ihm steckenden Mehrwerts, muß versilbert werden. Wo kommt das Geld dazu her? Diese Frage erscheint auf den ersten Blick schwierig, und weder Tooke noch ein andrer hat sie bisher beantwortet.“[2]

Und er geht mit aller Rücksichtslosigkeit der Sache auf den Grund:

„Das in der Form von Geldkapital vorgeschoßne zirkulierende Kapital

Nächste Seite »



[1] Das Kapital, Bd. II, S. 466. [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Wcrkc, Bd. 24, S. 486.] – [Fußnote im Original]

[2] Das Kapital, Bd. II, S. 304. [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 24, S. 332.] – [Fußnote im Original]