Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 391

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Warenverkehr auf der Grundlage der rapiden Zersetzung, des Ruins und der Aussaugung der asiatischen Bauernwirtschaft durch den Staat sowie der wachsenden finanziellen und politischen Abhängigkeit des türkischen Staates vom europäischen Kapital.[1]

Einunddreißigstes Kapitel. Schutzzoll und Akkumulation

Der Imperialismus ist der politische Ausdruck des Prozesses der Kapitalakkumulation in ihrem Konkurrenzkampf um die Reste des noch nicht mit Beschlag belegten nichtkapitalistischen. Weltmilieus. Geographisch umfaßt dieses Milieu heute noch die weitesten Gebiete der Erde. Gemessen jedoch an der gewaltigen Masse des bereits akkumulierten Kapitals der alten kapitalistischen Länder, das um die Absatzmöglichkeiten für sein Mehrprodukt wie um Kapitalisierungsmöglichkeiten für seinen Mehrwert ringt, gemessen ferner an der Rapidität, mit der heute Gebiete vorkapitalistischer Kulturen in kapitalistische verwandelt werden, mit anderen Worten: gemessen an dem bereits erreichten hohen Grad der Entfaltung der Produktivkräfte des Kapitals, erscheint das seiner Expansion noch verbleibende Feld als ein geringer Rest. Demgemäß gestaltet sich das internationale Vorgehen des Kapitals auf der Weltbühne. Bei der hohen Entwicklung und der immer heftigeren Konkurrenz der kapitalistischen Länder um die Erwerbung nichtkapitalistischer Gebiete nimmt der Imperialismus an Energie und an Gewalttätigkeit zu, sowohl in seinem aggressiven Vorgehen gegen die nichtkapitalistische Welt wie in der Verschärfung der Gegensätze zwischen den konkurrierenden kapitalistischen Ländern. Je gewalttätiger, energischer und gründlicher der Imperialismus aber den Untergang nichtkapitalistischer Kulturen besorgt, um so rascher entzieht er der Kapitalakkumulation den Boden unter den Füßen. Der Imperialismus ist ebensosehr eine geschichtliche Methode der Existenzverlängerung des Kapitals wie das sicherste Mittel, dessen Existenz auf kürzestem Wege objektiv ein Ziel zu setzen. Damit ist nicht gesagt, daß dieser Endpunkt pedantisch erreicht werden muß. Schon die Tendenz zu diesem Endziel

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[1] „Übrigens ist in diesem Lande alles schwierig und verzwickt. Will die Regierung ein Monopol auf Zigarettenpapier oder Spielkarten schaffen, gleich sind Frankreich und Österreich-Ungarn da, um im Interesse ihres Handels ein Veto einzulegen. Handelt es sich um Petroleum, so wird Rußland Einwände erheben, und selbst die am wenigsten interessierten Mächte werden ihre Zustimmung zu irgendeiner Sache von irgendwelcher Regelung abhängig machen. Der Türkei ergeht es wie Sancho Pansa bei seiner Mahlzeit. Sooft der Finanzminister eine Sache angreifen will, erhebt sich irgendein Diplomat, um ihm in den Arm zu fallen und sein Veto entgegenzuhalten.“ (Morawitz: I. c., S. 70.) – [Fußnote im Original]