Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 739

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Produktivität der Arbeit, das heißt die Möglichkeit, Mehrarbeit zu leisten; 4. die allgemeine Herrschaft der Warenwirtschaft, das heißt die Schaffung der Mehrarbeit in Warenform zum Verkauf als Zweck des Kaufs der Arbeitskraft.

Äußerlich, vom Standpunkte des Marktes, ist der Kauf und Verkauf der Ware Arbeitskraft ein ganz gewöhnliches Geschäft, wie sie zu Tausenden jeden Augenblick vor sich gehen, wie ein Kauf von Stiefeln oder Zwiebeln. Wert der Ware und seine Veränderungen, ihr Preis und dessen Schwankungen, Gleichheit und Unabhängigkeit des Käufers und Verkäufers auf dem Markt, Freiwilligkeit des Geschäfts – alles ist genauso wie bei jedem anderen Kaufgeschäft. Aber durch den besonderen Gebrauchswert dieser Ware, durch die besonderen Verhältnisse, die diesen Gebrauchswert erst schaffen, wird dieses alltägliche Marktgeschäft der Warenwelt zu einem neuen, ganz besondern gesellschaftlichen Verhältnis. Sehen wir weiter zu, was sich aus diesem Marktgeschäft entwickelt.

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Der Unternehmer kauft die Arbeitskraft und zahlt wie jeder Käufer ihren Wert, das heißt ihre Herstellungskosten, indem er dem Arbeiter im Lohn einen Preis zahlt, der den Unterhalt des Arbeiters deckt. Aber die gekaufte Arbeitskraft ist in der Lage, mit den durchschnittlich in der Gesellschaft gebrauchten Produktionsmitteln mehr herzustellen als bloß die eigenen Unterhaltskosten. Dies ist bereits, wie wir wissen, eine Voraussetzung des ganzen Geschäfts, das sonst sinnlos wäre; darin besteht der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft. Da der Wert des Unterhalts der Arbeitskraft wie bei jeder anderen Ware durch die Menge Arbeit bestimmt wird, die zu ihrer Herstellung erforderlich, so können wir annehmen, die Nahrung, Kleidung etc., die zur täglichen Erhaltung des Arbeiters im arbeitsfähigen Zustand nötig sind, erfordern, sagen wir zum Beispiel, sechs Stunden Arbeit. Der Preis der Ware Arbeitskraft, das heißt ihr Lohn, muß alsdann normal sechs Stunden Arbeit in Geld betragen. Aber der Arbeiter arbeitet für seinen Unternehmer nicht sechs Stunden, sondern länger, sagen wir zum Beispiel elf Stunden. Dann hat er in diesen elf Stunden erstens dem Unternehmer den empfangenen Lohn in sechs Stunden zurückerstattet und außerdem noch fünf Stunden Arbeit umsonst daraufgegeben, dem Unternehmer geschenkt. Der Arbeitstag jedes Arbeiters besteht also notwendig und normal aus zwei Teilen: einem bezahlten, worin der Arbeiter nur den

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