Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 697

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worfenen Nachbarstämme an die Araber ein verlockendes Geschäft fanden. Doch war auch dieser für die Schicksale der afrikanischen Gesellschaft so tiefgreifende Umschwung der Verhältnisse erst als weitere Folge der europäischen Einflüsse vollzogen: Der Sklavenhandel mit Negern kam erst nach den Entdeckungen und Eroberungen der Europäer im 16. Jahrhundert, zur Bedienung der durch Europäer ausgebeuteten Plantagen und Bergwerke in Amerika und Asien in Flor.

In jeder Hinsicht verhängnisvoll wird also für die primitiven Gesellschaftsverhältnisse erst das Eindringen der europäischen Zivilisation. Die europäischen Eroberer sind die ersten, die nicht auf Unterwerfung und wirtschaftliche Ausbeutung der Eingeborenen allein ausgehen, sondern die Produktionsmittel selbst, den Grund und Boden aus ihren Händen reißen. Dadurch aber entzieht der europäische Kapitalismus der primitiven Gesellschaftsordnung ihre Basis. Es entsteht das, was schlimmer als alle Unterdrückung und Ausbeutung ist: völlige Anarchie und die spezifisch europäische Erscheinung: die Unsicherheit der sozialen Existenz. Die unterworfene Bevölkerung, die von ihren Produktionsmitteln getrennt wird, wird vom europäischen Kapitalismus nur noch als Arbeitskraft betrachtet und, wenn sie als solche für die Kapitalzwecke taugt, in Sklaverei getan, wenn nicht – ausgerottet. Wir haben diese Methode in den spanischen, englischen, französischen Kolonien gesehen. Vor dem Vormarsch des Kapitalismus kapituliert die primitive Gesellschaftsordnung, die alle früheren Geschichtsphasen überdauert hat. Ihre letzten Reste werden vom Erdboden vertilgt und ihre Elemente – Arbeitskräfte und Produktionsmittel – vom Kapitalismus aufgesogen. So fiel die urkommunistische Gesellschaft überall – in letzter Linie, weil sie vom ökonomischen Fortschritt überholt war –, um neuen Entwicklungsperspektiven Platz zu machen. Diese Entwicklung und dieser Fortschritt sollten auf lange Zeit durch die niederträchtigen Methoden einer Klassengesellschaft vertreten werden, bis auch diese überholt und vom weiteren Fortschritt auf die Seite geschoben wird. Die Gewalt ist auch hier bloß Dienerin der ökonomischen Entwicklung.

III (Die Warenproduktion]

Die Aufgabe, die wir uns gestellt haben, ist die: Eine Gesellschaft kann nicht existieren ohne gemeinschaftliche Arbeit, das heißt ohne Arbeit mit Plan u[nd] Organisation. Wir haben auch zu allen Zeiten die versch[iedensten] Formen gefunden. – In der

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