Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 732

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Millionen von verschiedenen Warenarten, die überall auf dem Markt zum Austausch gelangen, eine einzige Ware von ganz besonderer Beschaffenheit wäre: die Arbeitskraft. Diese Ware wird von denjenigen auf den Markt gebracht, die selbst keine Produktionsmittel besitzen, um andere Waren zu produzieren. In einer Gesellschaft, die ausschließlich [auf] den Warenaustausch gegründet ist, bekommt man, wie wir wissen, nichts anders als im Wege des Austauschs. Wir haben ja gesehen, daß die von jedermann auf den Markt gebrachte Ware der einzige Anspruchstitel dieses Menschen auf den Anteil an der gesellschaftlichen Produktenmasse ist und zugleich das Maß dieses Anteils. Jeder Mensch kriegt in beliebigen Waren nach freier Wahl genausoviel von der Masse der in der Gesellschaft geleisteten Arbeit, wie er selbst an gesellschaftlich notwendiger Arbeit in Form von irgendeiner Ware liefert. Um also leben zu können, muß jeder Mensch Waren liefern und verkaufen. Das Warenproduzieren und -verkaufen ist Existenzbedingung für den Menschen geworden. Wer keine Ware auf den Markt bringt, bekommt keine Existenzmittel. Aber zur Herstellung irgendeiner Ware gehören: Arbeitsmittel, Werkzeuge und dergleichen, ferner Rohstoffe und Hilfsstoffe, desgleichen eine Arbeitsstätte, eine Werkstatt mit den erforderlichen Bedingungen der Arbeit, wie Beleuchtung etc., endlich ein gewisses Quantum Lebensmittel, um während der Dauer der Produktion und bis zum Verkauf der Ware aushalten zu können. Nur einige wenige geringfügige Waren sind ohne Auslagen an Produktionsmitteln herzustellen: zum. Beispiel die im Walde gesammelten Pilze oder Beeren, die Muscheln, die von den Bewohnern der Seeufer am Strande gesammelt werden. Aber auch hierfür sind immer noch gewisse Produktionsmittel, wie Körbe und dergleichen, nötig und jedenfalls Lebensmittel, die während dieser Arbeit die Existenz ermöglichen. Die meisten Warenarten jedoch erfordern in jeder Gesellschaft mit entwickelter Warenproduktion ganz bedeutende, zum Teil enorme Auslagen an Produktionsmitteln. Wer diese Produktionsmittel nicht hat, also keine Waren zu produzieren imstande ist, dem bleibt nichts übrig, als sich selbst, das heißt seine eigene Arbeitskraft, als Ware auf den Markt zu bringen.

Wie jede andere Ware hat auch die Ware Arbeitskraft ihren bestimmten Wert. Der Wert jeder Ware wird, wie wir wissen, durch die Menge Arbeit bestimmt, die zu ihrer Herstellung erforderlich ist. Um die Ware Arbeitskraft herzustellen, ist gleichfalls eine bestimmte Menge Arbeit notwendig, nämlich diejenige Arbeit, die den Lebensunterhalt, die Nahrung, Kleidung usw. für den Arbeiter produziert. Soviel Arbeit also erforderlich

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