Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 753

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deren Funktion für das Kapital und [deren] Lebensbedingungen sich verschieden gestalten. Die oberste Schicht, das sind die periodisch beschäftigungslosen Industriearbeiter, die in allen, auch den bestgestellten Berufen ständig vorhanden sind. Ihr Personal ändert sich fortwährend, weil jeder Arbeiter in gewissen Zeiten arbeitslos, in anderen beschäftigt ist; ihre Zahl fluktuiert auch stark mit dem Geschäftsgang, sie wird sehr groß zuzeiten der Krise und gering in guten Konjunkturen; sie versiegt aber nie und wächst im allgemeinen mit dem Fortgang der industriellen Entwicklung. Die zweite Schicht, das ist das vom flachen Lande nach der Stadt strömende Proletariat, unqualifizierte Arbeiter, die mit niedrigsten Ansprüchen auf dem Markt erscheinen und als einfache Arbeiter nicht an einen bestimmten Arbeitszweig gefesselt sind, sondern als Reservoir für alle auf die Beschäftigung lauern. Die dritte Kategorie, das sind die tiefstehenden Proletarier, die keine regelmäßige Beschäftigung haben und ständig auf der Suche bald nach dieser, bald nach anderer Gelegenheitsarbeit sind. Hier sind die längste Arbeitszeit, die niedrigsten Löhne zu finden, und deshalb ist diese Schicht nicht nur ebenso nützlich, sondern direkt ebenso unentbehrlich für das Kapital wie die früheren höherstehenden. Diese Schicht rekrutiert sich fortwährend aus den Überzähligen der Industrie und der Landwirtschaft, namentlich aber aus dem zugrunde gehenden Kleinhandwerk und den absterbenden untergeordneten Berufen. Sie bildet die breite Grundlage für die Hausindustrie und wirkt überhaupt sozusagen hinter den Kulissen, hinter dem offiziellen Schauplatz der Industrie. Hier aber hat sie nicht nur keine Tendenz zu verschwinden, sondern wächst im Gegenteil sowohl durch zunehmende Wirkungen der Industrie in der Stadt und auf dem Lande wie durch die stärkste Kinderzeugung.

Endlich die vierte Schicht der proletarischen Reservearmee, das sind die direkten Paupers, die Armen, zum Teil Arbeitsfähige, die in Zeiten guten Geschäftsganges von der Industrie oder dem Handel teilweise beschäftigt werden, um in Zeiten der Krise als die ersten ausgestoßen zu werden, zum Teil Arbeitsunfähige: veraltete Arbeiter, die die Industrie nicht mehr brauchen kann, proletarische Witwen, Waisen und Pauperkinder, verkrüppelte und verstümmelte Opfer der großen Industrie, des Bergbaus usw„ endlich der Arbeit Entwöhnte: Vagabunden und dergleichen. Diese Schicht mündet direkt in das Lumpenproletariat: Verbrecher, Prostituierte. Der Pauperismus, sagt Marx, bildet das Invalidenhaus der Arbeiterklasse und das tote Gewicht ihrer Reservearmee. Seine Existenz folgt ebenso notwendig und unvermeidlich aus der Reservearmee wie die

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