Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 713

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stücken oder gar in papiernen Banknoten vorstellen können und wenn Sie dabei finden, daß dieses metallene oder papierne Geld als allgemeiner Vermittler des Verkehrs zwischen den Menschen, als gesellschaftliche Macht etwas Selbstverständliches sei, hingegen meine Darstellung, in der das Vieh diese Rolle spielte, eine Verrücktheit wäre, so beweist das nur, wie sehr Sie mit dem Kopf in den Vorstellungen der heutigen kapitalistischen Welt stecken.[1] So kommt Ihnen das Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse, die noch halbwegs vernünftig ausschauen, ganz hirnverbrannt vor, und als selbstverständlich erscheint Ihnen das, was eine vollendete Verrücktheit ist. Tatsächlich hat das Geld in der Gestalt von Vieh genau dieselben Funktionen wie das Metallgeld, und es ist nichts als Rücksichten der Bequemlichkeit, die uns dazu geführt haben, das Geld aus Metall zu machen. Das Vieh läßt sich freilich nicht so gut wechseln noch so genau in seinem Werte abmessen wie die gleichartigen metallenen Scheibchen, auch muß man zum Aufbewahren von Viehgeld ein gar zu großes Portemonnaie haben, das einem Viehstall ähnelt. Aber bevor die Menschheit auf die Idee kam, Geld aus Metall zu machen, war das Geld als unumgänglicher Vermittler des Austausches längst fertig. Denn Geld, die allgemeine Ware, ist eben jenes unentbehrliche Mittel, ohne das kein allgemeiner Austausch vom Fleck kommen, ohne das die aus Einzelproduzenten bestehende planlose gesellschaftliche Wirtschaft nicht existieren kann.

In der Tat, sehen wir uns jetzt die vielseitige Rolle des Viehs im Austausch an. Was hat das Vieh in der von uns untersuchten Gesellschaft zum Geld gemacht? Die Tatsache, daß es ein allseitig und jederzeit begehrtes Arbeitsprodukt war. Warum war aber das Vieh allzeit und allseitig begehrt? Wir haben gesagt: weil es ein äußerst nützliches Produkt war, das die Existenz als vielseitiges Lebensmittel sichern konnte. Ja, das stimmt im Anfang. Doch nachher, je mehr das Vieh im allgemeinen Austausch als Vermittler gebraucht wurde, desto mehr trat der unmittelbare Gebrauch des Viehs als Lebensmittel in den Hintergrund. Wer nun Vieh für sein Produkt zum Austausch kriegt, wird sich hüten, es zu schlachten und aufzuessen oder vor den Pflug zu spannen; das Vieh ist für ihn jetzt wertvoller als Mittel, jederzeit jede beliebige andere Ware zu kaufen. Der Empfänger von Vieh wird es also jetzt nicht als Lebensmittel verbrauchen, sondern als Tauschmittel zu weiteren Tauschgeschäften aufbewahren. Sie werden auch merken, daß der unmittelbare Gebrauch des Viehs bei der hochentwickelten Arbeitsteilung, die wir in der Gesellschaft voraussetzen, auch nicht gut angängig ist. Was soll zum Beispiel der

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[1] Randnotiz R. L.: Aristoteles übcr Sklaverei.