Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 693

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/693

Gegend; allerwärts zeigten sich Spuren der Verwüstung durch frühere Kriegszüge, und Hungersnot bedrängte die Expedition in gefahrdrohendstem Maße. Man schickte Boten mit einigen Geschenken zu dem nächstem Mambo, um Führer zu erhalten, allein die Abgesandten kehrten mit der niederschlagenden Nachricht zurück, daß sie den Mambo nebst seiner Familie, dem Hungertode nahe, ganz allein in der Dorfschaft angetroffen hätten ... Noch ehe man an das Herz des Reiches herankam, erhielt man Proben der barbarischen Justiz, welche dort an der Tagesordnung war; nicht selten begegnete man jungen Leuten, welchen Ohren, Hände, Nase und sonstige Gliedmaßen als Strafe für irgendein geringfügiges Vergehen abgeschnitten worden waren ... Am 19. November erfolgte endlich der Einzug in die Hauptstadt, wobei der Esel, welchen Hauptmann Gamitto ritt, nicht geringes Aufsehen verursachte. Bald gelangte man in eine etwa dreiviertel Stunden lange Straße, die zu beiden Seiten durch 2–3 Meter hohe Zäune begrenzt wird, welche aus durchflochtenen Stangen bestehen und so regelmäßig ausgeführt sind, daß sie wie Wände aussehen. Zu beiden Seiten sieht man in gewissen Abständen kleine offene Türen in diesen Strohwänden. Am Ende der Straße befindet sich eine kleine viereckige Baracke, welche nur nach Westen offen ist und in deren Mitte auf einem hölzernen Sockel eine roh aus Holz geschnittene menschliche Figur von 70 cm Höhe steht. Vor der offenen Seite lag ein Haufen von mehr als 300 Totenschädeln. Hier wird die Straße zu einem großen viereckigen Platz, an dessen Ende ein großer Wald liegt, der von dem Platze nur durch einen Zaun abgetrennt ist. An der Außenseite desselben, zu beiden Seiten der Pforte und an jenen befestigt, sieht man 30 in einer Linie geordnete Totenköpfe als Zierat ... Es folgte nun der Empfang beim Muata, der, mit allem barbarischen Gepränge und von seiner gesamten, aus 5000 bis 6000 Mann bestehenden Kriegsmacht umgeben, sich den Portugiesen zeigte. Er saß auf einem mit grünem Tuche bedeckten Stuhl, der auf einem Haufen von Leoparden- und Löwenfellen stand. Seine Kopfbedeckung bestand aus einer scharlachroten kegelförmigen Mütze, die aus 1/2 m langen Federn zusammengesetzt war. Um seine Stirn schlang sich ein Diadem aus glänzenden Steinen; Hals und Schultern deckte eine Art Kragen, der aus Schnecken, viereckigen Spiegelstücken und falschen Edelsteinen bestand. Um jeden Arm war eine breite Binde aus blauem Tuche gewunden, das mit Pelz garniert war; den Vorderarm zierten außerdem Schnüre von blauen Steinen. Den Unterleib deckte ein gelbes, rot und blau gesäumtes Tuch, welches mit einem Gürtel zusammengehalten wurde. Die Beine waren ähnlich wie die Arme mit blauen Steinen geschmückt.

Nächste Seite »