Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 692

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Gesellschaftsverhältnisse, in denen von Gleichheit und Freiheit der Mitglieder nicht viel mehr zu finden ist. So schildert uns zum Beispiel die Zustände die Expedition des Majors Monteiro und des Hauptmanns Gamitto, die im Jahr 1831 von Sambesi aus ins Land zu Handels- und Forschungszwecken unternommen wurde: Zunächst kam die Expedition ins Land der Marawi, die einen primitiven Hackbau trieben, in kegelförmigen Palisadenhäuschen wohnten und nur ein Tuch um die Lenden trugen. Zur Zeit, als Monteiro und Gamitto das Marawiland durchreisten, stand dasselbe unter einem despotischen Häuptling, welcher den Titel Nede führte. Alle Streitigkeiten wurden von ihm in seiner Hauptstadt Muzienda entschieden, und gegen diese Entscheidung durfte kein Widerspruch erhoben werden. Der Form nach versammelt er einen Rat der Alten, welche aber stets seiner Ansicht sein müssen. Das Land zerfällt in Provinzen, welche von Mambos regiert werden, und diese wieder in Distrikte, an deren Spitze Funos stehen. Alle diese Würden sind erblich. „Am B. August erreichte man die Residenz des Mukanda, des mächtigsten Häuptlings der Tschewa. Dieser, dem ein Geschenk aus verschiedenen baumwollenen Waren, rotem Tuch, verschiedenen Perlen, Salz und Kauris gesandt worden war, kam am folgenden Tage auf einem Schwarzen reitend ins Lager. Mukanda war ein Mann von 60 bis 70 Jahren, von angenehmem, majestätischem Äußeren. Seine einzige Bekleidung bestand in einem schmutzigen Lappen, den er um die Hüften geschlungen hatte. Er blieb ungefähr zwei Stunden und erbat sich beim Abschied in einer freundlichen, unwiderstehlichen Weise von jedem ein Geschenk ... Die Beerdigung der Häuptlinge ist bei den Tschewa von äußerst barbarischen Zeremonien begleitet. Alle Weiber des Dahingeschiedenen werden mit der Leiche in dieselbe Hütte eingeschlossen, bis daß alles zur Beerdigung bereit ist. Dann bewegt sich der Leichenzug ... nach der Gruft hin, und dort angelangt, steigen das Lieblingsweib des Verstorbenen und sieben andere in diese hinab und setzen sich dort mit ausgestreckten Beinen nieder. Man bedeckt diese lebendige Grundlage mit Tüchern, legt darauf die Leiche und stürzt dann noch sechs andere Weiber, denen zuvor der Hals gebrochen worden, in die Gruft. Nun wird das Grab zugedeckt, und die schaudererregende Zeremonie findet ihren Schluß in der Pfählung zweier Jünglinge, deren einer mit einer Trommel am Kopfende, der andere mit Bogen und Pfeil am Fußende des Grabes aufgestellt wird. Major Monteiro war während seines Aufenthaltes im Tschewalande Augenzeuge einer solchen Beerdigung.“ Von hier ging es bergauf in die Mitte des Reiches. Die Portugiesen kamen „in eine hochgelegene, öde, von Lebensmitteln fast völlig entblößte

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