Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 689

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Bodenbebauung erforderlich machen, die ihrerseits auf dem damaligen Stadium der landwirtschaftlichen Technik nur durch intensiveren Kleinbetrieb, durch festere, eingehendere Verbindung der persönlichen Arbeitskraft mit dem Boden erreicht werden konnte. Die längere Benutzung ein und derselben Parzelle durch die einzelne Bauernfamilie wurde zur Vorbedingung ihrer sorgfältigeren Behandlung. Namentlich das Düngen des Bodens ist übereinstimmend in Deutschland wie in Rußland zur Ursache seltenerer Bodenumteilungen geworden. Im allgemeinen läßt sich übereinstimmend allenthalben im Leben der Markgenossenschaft der Zug zu immer größeren Zeitabständen zwischen den Bodenumlosungen feststellen, was überall den Übergang vom Losgut zum Erbgut früher oder später zur Folge hat. Wie die Verschiebung von Gemeineigentum zum Privateigentum mit der Intensivierung der Arbeit Schritt hält, kann man an der Tatsache verfolgen, daß Wald- und Weidewirtschaft überall am längsten die Allmende tragen, während der intensiver betriebene Ackerbau zuerst den Weg zur geteilten Mark und dann zum Erbgut bahnt. Mit der Fixierung des Privateigentums an den Ackerparzellen ist zwar die gemeinsame Wirtschaftsorganisation noch gar nicht beseitigt, diese wird noch lange durch die Gemengelage der Felder aufrechterhalten und durch die Wald- und Weidegemeinschaft erzwungen. Auch die wirtschaftliche und soziale Gleichheit ist damit im Schoße der alten Gesellschaft noch nicht beseitigt. Es bildet sich zunächst nur eine in ihren Lebensbedingungen gleichmäßige Masse von Kleinbauern, die im allgemeinen jahrhundertelang nach alten Traditionen arbeiten und leben kann. Doch sind schon durch die Erblichkeit der Güter und die damit verbundenen Erbteilungen oder Majorate, dann aber namentlich durch die Käuflichkeit und überhaupt Veräußerlichkeit der Bauerngüter der künftigen Ungleichheit die Tore geöffnet.

Allein die Unterwühlung der traditionellen Gesellschaftsorganisation durch den bezeichneten Prozeß schreitet äußerst langsam vor. Es sind andere historische Faktoren am Werke, die viel rascher und gründlicher diese Arbeit besorgen, und das sind die umfassenderen öffentlichen Aufgaben, denen die Markgenossenschaft in ihren engen Schranken von Natur nicht gewachsen ist. Wir haben bereits gesehen, welche entscheidende Bedeutung für den Ackerbau im Orient die künstliche Berieselung hat. Diese hohe Intensivierung der Arbeit und mächtige Erhöhung ihrer Produktivität führten zu ganz anders weittragenden Resultaten als zum Beispiel der Übergang zum Düngen im Westen. Die Durchführung der künstlichen Bewässerung ist von vornherein auf eine Massenarbeit im großen Maß

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