umteilung stattfand. Allenthalben konnte man Proteste gegen zu große zugewiesene Anteile hören, arme Familien ohne richtige Arbeitskräfte, mit vorwiegend weiblichen oder minderjährigen Mitgliedern wurden wegen „Kraftlosigkeit“ im Gnadenwege mit dem Anteil überhaupt verschont, reichen Bauern wurden aber von der Masse der ärmeren die größten Anteile aufgezwungen. Die Steuerlast, die so im Mittelpunkt des russischen Dorflebens steht, ist auch eine enorme. Zu den Ablösungssummen kamen zunächst noch die Kopfsteuer, Gemeindesteuer, Kirchensteuer, Salzsteuer usw. In den achtziger Jahren wurde die Kopfsteuer und die Salzsteuer abgeschafft, trotzdem blieb die Steuerlast so enorm, daß sie alle wirtschaftlichen Mittel des Bauerntums verschlang. Nach einer Statistik aus den neunziger Jahren schlugen 70 Prozent der Bauernschaft aus ihrem Bodenanteile weniger als das Existenzminimum heraus, 20 Prozent waren imstande, sich selbst zu ernähren, nicht aber Vieh zu halten, und nur etwa 9 Prozent konnten einen Überschuß über den eigenen Bedarf zum Verkauf bringen. Eine ständige Erscheinung des russischen Dorfes wurden deshalb gleich nach der „Bauernbefreiung“ die Steuerrückstände. Schon in den siebziger Jahren erwies sich bei einem durchschnittlichen jährlichen Eingang von 50 Millionen Rubel Kopfsteuer ein jährlicher Rückstand von 11 Millionen. Nach der Aufhebung der Kopfsteuer wuchs das Elend des russischen Dorfes dank der gleichzeitig seit den achtziger Jahren immer höher geschraubten indirekten Besteuerung immer mehr. Im Jahre 1904 betrugen die Steuerrückstände 127 Millionen Rubel, die bei der völligen Unmöglichkeit der Eintreibung und angesichts der revolutionären Gärung fast ganz erlassen wurden. Die Steuern verschlangen bald nicht bloß fast den ganzen Erwerb der Bauernwirtschaft, sondern zwangen die Bauern, Nebenverdienst zu suchen. Einerseits waren es ländliche Saisonarbeiten, die zur Erntezeit auch heute namentlich ganze Völkerwanderungen im Inneren Rußlands hervorrufen, wobei die kräftigsten männlichen Dorfeinwohner auf die großen herrschaftlichen Güter ziehen, um sich hier zum Tagelohn zu verdingen, während sie ihre eigenen Parzellen auf schwächere Kräfte alter, weiblicher und halbwüchsiger Arbeiter zurücklassen. Andererseits winkte die Stadt, die Fabrikindustrie. So bildete sich namentlich im zentralen Industrierayon jene Schicht der zeitweisen Arbeiter, die nur zum Winter in die Städte, meist in die Textilfabriken, zogen, um im Frühling mit dem Verdienst in ihr Dorf zu Feldarbeiten zurückzukehren. Endlich kam in vielen Gegenden noch industrielle Hausarbeit oder landwirtschaftlicher zufälliger Nebenbetrieb, wie Fuhrgeschäft oder Holzhacken, hinzu. Und bei alledem konnte die größte Masse der Bauern kaum das