Städte oder, wenn sie drin bleiben, sterben sie mit erstaunlicher Schnelligkeit aus.“[1]
Man muß in der Tat die phantastische Zähigkeit des Indianervolkes und der markgenossenschaftlichen Einrichtungen bewundern, daß sich von beiden trotz dieser Wirtschaft noch bis ins 19. Jahrhundert hinein Reste erhalten haben.
Von anderer Seite zeigt uns die Schicksale der alten Markgenossenschaft die große englische Kolonie – Indien. Hier wie in keinem anderen Winkel der Welt kann man eine ganze Musterkarte verschiedenster Formen des Grundbesitzes studieren, die wie der Herschelsche Sternhimmel zugleich eine auf eine Fläche projizierte Geschichte von Jahrtausenden darstellt. Dorf gemeinde neben Geschlechtsgemeinde, periodische Umteilungen gleicher Bodenanteile neben der Lebenslänglichkeit ungleicher Anteile, gemeinschaftliche Bodenbearbeitung neben privatem Einzelbetrieb, Gleichberechtigung aller Dorfbewohner an Gemeindeländereien neben Privilegien gewisser Gruppen, endlich neben allen diesen Formen des Gemeinbesitzes reines Privateigentum an Grund und Boden und dieses in Form bäuerlicher Zwergparzellen, kurzfristiger Pachten und enormer Latifundien – dies alles konnte man in Indien noch vor wenigen Jahrzehnten in Lebensgröße studieren. Daß die Markgenossenschaft in Indien eine uralte Einrichtung ist, bezeugen die indischen Rechtsquellen, so das älteste kodifizierte Gewohnheitsrecht Manu aus dem 9. Jahrhundert v. Chr„ das zahlreiche Bestimmungen über Grenzstreitigkeiten zwischen den Marken, über ungeteilte Mark, über Neuansiedlungen von Tochterdörfern auf ungeteilten Ländereien alter Marken enthält. Das Rechtsbuch kennt nur Eigentum, das auf eigener Arbeit beruht; es erwähnt noch das Handwerk als Nebenbeschäftigung der Landwirtschaft; es sucht der ökonomischen Macht der Brahminen, das heißt der Priester, einen Riegel vorzuschieben, indem es nur erlaubt, ihnen bewegliche Habe zu schenken. Die späteren einheimischen Fürsten, die Radschas, figurieren hier noch als die gewählten Stammesoberhäupter. Auch die beiden späteren Rechtsbücher aus dem 5. Jahrhundert Jadschnawalkja und Narada erkennen den Geschlechtsverband als die soziale Organisation an, und die öffentliche Gewalt sowie die Gerichtsbarkeit ruht hier in den Händen der Versammlung der Markgenossen. Diese haften solidarisch für Vergehen und Verbrechen der einzelnen. An der Spitze des Dorfes steht der gewählte Markvorsteher. Beide
[1] Memorial que presenta a su Magestad el licenciado Juan Ortez de Cervantes, Abogado y Procurador general del Reyno del Peru y encomenderos, sobre pedir remedio del danno y diminución des los Indios, 1619, zit. bei: [Maxim] Kowalewski: [Obstschinnoje semlewladenije, pritschini, chod i podaledstwija jego rasloshenije, Teil 1, Moskau 1879], S. 61. – [Fußnote im Original]