ten. Die indianischen Dörfer werden nun verpflichtet, die erforderliche Zahl der Arbeiter zu stellen (in Peru den siebenten Teil, in Neuspanien vier Prozent der Bevölkerung), die den Encomenderos auf Gnade und Ungnade ausgeliefert werden. Die tödlichen Folgen dieses Systems werden alsbald sichtbar. In einer anonymen Denkschrift an Philipp IV„ die den Titel trägt „Bericht über den gefährlichen Zustand des Königreichs Chile in weltlicher und geistlicher Hinsicht“, heißt es: „Die bekannte Ursache der raschen Abnahme der Zahl der Eingeborenen ist das System der Zwangsarbeit in den Bergwerken und auf den Feldern der Encomenderos. Obwohl die Spanier über eine enorme Zahl Neger verfügen, obwohl sie die Indianer mit Steuern belegt haben, die unvergleichlich höher sind, als jene ihren Häuptlingen vor der Eroberung gezahlt hatten, halten sie es nichtsdestoweniger nicht für möglich, das System der Zwangsarbeiten aufzugeben.“[1] Die Zwangsarbeiten hatten im übrigen zur Folge, daß die Indianer vielfach nicht in der Lage waren, ihre Felder zu bebauen, was den Spaniern wiederum einen Vorwand bot, sie als „Ödland“ an sich zu raffen. Der. Ruin der indianischen Landwirtschaft bot naturgemäß einen gedeihlichen Boden für den Wucher. „Unter ihren einheimischen Herrschern“, sagt Zurita, „kannten die Indianer keine Wucherer.“[2] Die Spanier ließen sie diese Blüte der Geldwirtschaft und des Steuerdrucks gründlich kennenlernen. Durch Schulden zerfressen, gingen massenhaft Ländereien der Indianer, die nicht einfach von den Spaniern geraubt worden waren, in die Hände spanischer Kapitalisten über, wobei noch die Einschätzung des Grundwertes dieser Güter ein besonderes Kapitel der europäischen Niedertracht für sich bildet. So schlossen sich Diebstahl an Grund und Boden, Steuern, Zwangsarbeit und Wucher zu einem eisernen Ring, in dem die Existenz der indianischen Markgenossenschaft zusammenbrach. Die traditionelle öffentliche Ordnung, die hergebrachten sozialen Bande der Indianer wurden schon durch den Zusammenbruch ihrer wirtschaftlichen Unterlage – der markgenossenschaftlichen Landwirtschaft – aufgelöst. Ihrerseits wurde diese planmäßig von den Spaniern ruiniert durch die Zerrüttung aller traditionellen Autoritäten. Die Dorfvorsteher und die Stammeshäuptlinge bedurften ja der Bestätigung der Encomenderos, was diese dazu gebrauchten, diese Ämter nur mit ihren Kreaturen, den verkommensten Subjekten der indianischen Gesellschaft, zu besetzen. Ein beliebtes Mittel der Spanier war auch das systematische
[1] Zit. bei: [Maxim] Kowalewski: [Obstschinnoje semlewladenije, pritschini, chod i podaledstwija jego rasloshenije, Teil 1, Moskau 1879], S. 66. – [Fußnote im Original]
[2] Zit. nach: Maxim Kowalewski: Obstschinnoje semlewladenije, pritschini, chod i podaledstwija jego rasloshenije, Teil 1, Moskau 1879, S. 68.