Rentenfondsumteilungen. Militärische Gesichtspunkte, besonders eine militärische Bevölkerungspolitik, entscheiden über alle Einzelheiten ... Der stadtfeudalistische Charakter dieser Politik äußert sich in charakteristischer Form darin, daß jenem militaristischen Sonderrecht in Gortyn die mit Hörigen besetzten Grundstücke des Nachlasses eines Freien unterliegen: sie bilden den Klaros, der im Interesse der Sustentation der Wehrfamilie gebunden ist. (Aus dem professoralen in gewöhnliches Deutsch übersetzt: Die Ackerlose sind Eigentum der gesamten Gemeinde, dürfen deshalb nicht veräußert und nach dem Tode des Loseigners nicht verteilt werden, was Professor Weber an einer anderen Stelle als eine weise Maßregel „zur Verhinderung der Vermögenszersplitterung“ und „im Interesse der Erhaltung standesgemäßer Kriegerlose“ erklärt. – R. L.) Die Organisation gipfelt bei voller Durchführung in dem kasinoartigen gemeinsamen Mittagstisch der Krieger, den ,Syssitien‘, und der kadettenartigen gemeinsamen Erziehung der Kinder von Staats wegen zu Kriegern.“[1] Womit die Griechen der Heroenzeit, der Hektor und Achill, glücklich in die Begriffe der preußischen Fideikommisse und Rentenanstalten[2], der Offizierskasinos mit ihren „standesgemäßen“ Sektgelagen und die blühenden nackten Jünglinge und Mädchen Spartas, die gemeinsame Volkserziehung genossen, in eine zuchthausartige Kadettenanstalt Groß-Lichterfelde bei Berlin verwandelt sind.
Wer die innere Struktur des Inkareiches kennt, dem bieten die oben geschilderten Verhältnisse gar keine Schwierigkeiten. Sie sind zweifellos das Produkt lauter solcher parasitärer Doppelgebilde, die aus der Unterjochung einer ackerbauenden Markgenossenschaft durch ein anderes kommunistisches Gemeinwesen entstanden sind. Wieweit sich in den Sitten der Herrschenden wie in der Lage der Unterjochten dabei die kommunistische Grundlage erhalten hat, hängt von der Entwicklungsstufe, der Dauer, der Umgebung dieser Gebilde ab, die eine ganze Skala von Abstufungen darbieten können. Das Inkareich, in dem die Herrschenden noch selbst arbeiten, das Grundeigentum des Unterworfenen im ganzen noch nicht angetastet ist und jede Gesellschaftsschicht für sich geschlossen organisiert ist, kann wohl als die ursprünglichste Form solcher Ausbeu-
[1] [Max Weber: Agrargeschichte. I:] Agrarverhältnisse im Altertum. [In:] Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 2. Aufl„ Bd. 1 [Jena 1898], S. 69. – [Fußnote im Original]
[2] Der Fideikommiß war ein aus größerem Grundbesitz bestehendes Familienvermögen, das unveräußerlich war und bei Vererbung nicht aufgeteilt werden durfte. Er sollte den Großgrundbesitz als wirtschaftliche Grundlage der politischen Macht der Junker erhalten. Rentenanstalten waren gemeinschaftliche Sparanstalten, die eine Leibrente entsprechend einem jährlichen Beitrag bzw. einer Kapitaleinlage gewährten.