Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 639

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/639

Weiber und die Kinder an die Reihe; was übrigbleibt, gehört dem Verteiler.

Bei der Verfertigung ihrer Waffen, Geräte und anderer Artikel legen die Mincopie gewöhnlich eine bemerkenswerte Ausdauer und einen großen Fleiß an den Tag, indem sie sich stundenlang damit beschäftigen können, ein Stück Eisen mit einem Steinhammer mühsam zu bearbeiten, um eine Speer- oder Pfeilspitze daraus zu formen, oder indem sie damit beschäftigt sind, die Form eines Bogens zu verbessern usw. Sie obliegen diesen Arbeiten selbst dann, wenn keine unmittelbare oder voraussichtliche Notwendigkeit vorhanden ist, die sie zu solcher Anstrengung antriebe. Selbstsucht kann man ihnen nicht nachsagen – heißt es von ihnen –, denn sie verschenken (natürlich nur ein europäisch-mißverständlicher Ausdruck für „verteilen“) häufig das Beste dessen, was sie besitzen, und behalten für ihren eigenen Gebrauch keineswegs Gegenstände von besserer Arbeit, noch weniger machen sie bessere für sich selbst.[1]

Die Reihe der obigen Beispiele wollen wir noch mit einer Stichprobe aus dem Leben der Wilden in Afrika abschließen. Hier bieten die kleinen Buschmänner der Kalahariwüste gewöhnlich das Beispiel der größten Zurückgebliebenheit und des größten Tiefstands der menschlichen Kultur. Ober die Buschmänner berichten uns übereinstimmend deutsche, englische und französische Forscher, daß sie in Gruppen (Horden) leben, die [ein] gemeinsames wirtschaftliches Leben führen. In ihren kleinen Banden herrscht vollkommene Gleichheit auch in bezug auf Lebensmittel, Waffen etc. Die Nahrungsmittel, die sie auf ihren Wanderungen finden, werden in Säcke gesammelt, die im Lager entleert werden. „Da kommt nun“, erzählt der Deutsche Passarge, „die Ernte des Tages zum Vorschein: Wurzeln, Knollen, Früchte, Raupen, Nashornvögel, Ochsenfrösche, Schildkröten, Heuschrecken, selbst Schlangen und Leguane.“[2] Die Beute wird dann unter alle verteilt. „Das systematische Einsammeln von Vegetabilien, wie zum Beispiel Früchten, Wurzeln, Knollen u. a„ sowie von kleineren Tieren ist Sache der Frauen. Sie haben die Horde mit solchen Vorräten zu versorgen, die Kinder helfen dabei. Auch der Mann bringt wohl manches mit, was er zufällig antrifft, allein das Sammeln ist bei ihm ganz Nebensache. Die Aufgabe des Mannes ist vor allem die Jagd.“[3] Die Jagdbeute wird von der Horde gemeinsam verzehrt. Auch wandernden Buschmännern aus be-

Nächste Seite »



[1] Siehe Man, zit. nach: [Felix] Somló: [Der Güterverkehr in der Urgesellschaft, Brüssel, Leipzig, Paris 1909], S. 96–99.

[2] Siegfried Passarge: Die Buschmänner der Kalahari, Berlin 1907, S. 54.

[3] Ebenda, S. 57 f.