großer Gewandtheit auf die Palmen, sammeln Nüsse, schneiden in der Krone den Palmkohl, suchen Früchte und dergleichen. Die Frauen bereiten auch die pflanzliche Nahrung, und sie verfertigen auch die Töpfe. Wenn die Frauen heimkommen, geben sie den Männern Früchte etc. und erhalten, was übrigbleibt von dem Fleisch. Die Verteilung und die Konsumtion sind streng geregelt.
„Verhinderte die Etikette die Bororó keineswegs ...“, sagt von der Steinen, „gemeinsam zu speisen, so hatten sie dafür andere seltsame Gebräuche, die deutlich zeigen, daß auf knappe Jagdbeute angewiesene Stämme sich auf die eine oder andere Weise nach Mitteln umschauen müssen, Zank und Streit bei der Verteilung vorzubauen. Da bestand zunächst eine höchst auffällige Regel: Niemand briet das Wild, das er selbst geschossen hatte, sondern gab es einem anderen zum Braten! Gleich weise Vorsicht wird für kostbare Felle und Zähne geübt. Nach Erlegung eines Jaguars wird ein großes Fest gefeiert; das Fleisch wird gegessen. Das Fell und die Zähne erhält aber nicht der Jäger, sondern ... der nächste Verwandte des Indianers oder der Indianerin, die zuletzt verstorben ist. Der Jäger wird geehrt, er bekommt von jedermann Ararasfedern (vornehmster Schmuck der Bororó – R. L.) zum Geschenk und den mit Oassú-Bändern geschmückten Bogen. Die wichtigste Maßregel jedoch, die vor Unfrieden schützt, ist mit dem Amt des Medizinmannes verknüpft“[1] oder, wie die Europäer in solchen Fällen zu sagen pflegen, des Zauberers oder Priesters. Dieser muß beim Erlegen jedes Tieres zugegen sein, vor allem aber jedes erlegte Tier und auch die pflanzliche Kost erst durch bestimmte Zeremonien zum Verteilen und Gebrauch freigeben. Die Jagd findet auf Ansagen und unter Leitung des Häuptlings statt. Die jungen und unverheirateten Männer wohnen gemeinsam im „Männerhause“, wo sie gemeinsam arbeiten, Waffen, Werkzeug und Schmuck verfertigen, spinnen, Ringkämpfe aufführen und auch gemeinsam, in strenger Zucht und Ordnung, essen, wie wir bereits früher erwähnt haben. „Ein großer Verlust“, sagt von der Steinen, „betrifft die Familie, aus der ein Mitglied stirbt. Denn alles, was der Tote in Gebrauch hatte, wird verbrannt, in den Fluß geworfen oder in den Knochenkorb gepackt, damit er keinesfalls veranlaßt sei, zurückzukehren. Die Hütte ist dann vollständig ausgeräumt. Allein die Hinterbliebenen werden neu beschenkt, man macht Bogen und Pfeile für sie, und so will es auch die Sitte, daß, wenn ein Jaguar getötet wird, das Fell ,an den Bruder der zuletzt gestorbenen Frau oder an den Oheim des
[1] Karl von den Steinen: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Reiseschilderung und Ergebnisse der Zweiten Schingu-Expedition 1887–1888, Berlin 1894, S. 491.