Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 615

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selben, in deren Leben mit seiner fein ausgebildeten sozialen Organisation Morgan so gründlich wie kein anderer eingedrungen ist, als einen Beweis dafür, daß bei den Jägervölkern überhaupt keine gemeinschaftliche Regelung der Produktion und keine „Fürsorge“ für die Gesamtheit und für die Zukunft, [daß] vielmehr nichts als Regellosigkeit und Gedankenlosigkeit vorherrsche. Die alberne Verzerrung der tatsächlich bei den Indianern bestehenden kommunistischen Einrichtungen durch den bornierten Europäerblick der Missionare übernimmt Lippert ganz kritiklos, wie zum Beispiel das folgende Zitat aus der Geschichte der Mission der evangelischen Brüder unter den Indianern Nordamerikas von Loskiel aus dem Jahre 1789 beweist: „,Viele unter ihnen‘ (den amerikanischen Indianern – R. L.), sagt unser trefflich orientierter Missionar, ,sind so träge, daß sie selbst nichts pflanzen, sondern sich gänzlich darauf verlassen, daß sich andere nicht weigern dürfen, ihren Vorrat mit ihnen zu teilen. Da auf diese Weise die Fleißigeren von ihrer Arbeit nicht mehr genießen als die Müßiggänger, so pflanzen sie von Zeit zu Zeit immer weniger. Fällt nun ein harter Winter ein, da sie wegen des tiefen Schnees nicht auf die Jagd gehen können, so entsteht leicht eine allgemeine Hungersnot, wobei öfters viele Menschen umkommen. Die Not lehrt sie dann Graswurzeln und die innere Rinde der Bäume, besonders der jungen Eichen, zu ihrer Nahrung zuzurichten.‘“ „So führte also“, fügt Lippert zu den Worten seines Gewährsmannes hinzu, „in naturgemäßer Verbindung der Rückfall zu früherer Sorglosigkeit den zur früheren Lebenshaltung herbei.“[1] Und in dieser indianischen Gesellschaft, in der sich keiner „weigern darf“, seinen Vorrat an Lebensmitteln mit anderen zu teilen, und in der sich ein „evangelischer Bruder“ mit ganz offensichtlicher Willkür nach europäischem Muster die unvermeidliche Einteilung in „Fleißige“ und in „Müßiggänger“ konstruiert, will Lippert den besten Beweis gegen den Urkommunismus finden:

„Noch weniger sorgt natürlich auf solcher Stufe die ältere Generation für die Lebensausstattung der jüngeren. Der Indianer steht vom Urmenschen schon weit ab. Sobald der Mensch ein Werkzeug hat, hat er den Begriff des Besitzes, aber nur in der Beschränkung auf jenes. Einen solchen hat schon der Indianer auf der niedersten Stufe; allein in diesem Urbesitze fehlt jeder kommunistische Zug; die Entwicklung beginnt mit dem Gegenteil.“ [2][Hervorhebungen – R. L.]

Professor Bücher hat der urkommunistischen Wirtschaft seine „Theorie

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[1] Julius Lippert: Kulturgeschichte der Menschheit in ihrem organischen Aufbau. Zwel Bände, 1. Bd„ Stuttgart 1886, S. 40.

[2] Ebenda.