Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 585

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Gerät bauen? Die Landwirtschaft! Sie ist es, nicht der Handel, die den wahren Born des Reichtums bildet. Also muß die Masse der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die Bauernmasse, deren Hände den Reichtum aller schaffen, aus ihrem grenzenlosen Elend gerettet, vor der feudalen Ausbeutung geschützt, zum Wohlstand emporgehoben werden! (Damit ich einen Absatzmarkt für meine Waren finde, fügte der Manufakturkapitalist leise hinzu.) Also müssen die großen Grundherren, die Feudalbarone, in deren Händen der ganze Reichtum aus der Landwirtschaft zusammenfließt, auch die einzigen sein, die Steuern zahlen und den Staat erhalten! (Damit ich, der ich ja angeblich keinen Reichtum schaffe, auch keine Steuern zu zahlen brauche, murmelte sich wieder der Kapitalist schmunzelnd in den Bart.) Also braucht die Landwirtschaft, die Arbeit am Schoße der Natur, nur von allen Fesseln des Feudalismus befreit zu werden, damit die Springquellen des Reichtums für Volk und Staat in ihrer natürlichen Üppigkeit strömen und damit das höchste Glück aller Menschen sich von selbst mit Notwendigkeit in natürlicher Harmonie zum Ganzen fügt.

War in diesen Lehren der Aufklärer schon das nahende Grollen des Sturms auf die Bastille deutlich zu hören, so fühlte sich bald die kapitalistische Bourgeoisie stark genug, die Maske der Unterwürfigkeit abzulegen, sich stämmig in den Vordergrund zu stellen und ohne Umschweife die Ummodelung des ganzen Staates nach ihrem Vorbild zu fordern. Landwirtschaft ist mitnichten die einzige Quelle des Reichtums, erklärt Adam Smith in England am Ausgang des 18. Jahrhunderts. Jegliche Lohnarbeit, die man zur Warenproduktion anspannt, ob auf dem landwirtschaftlichen Gut oder in der Manufaktur, schafft Reichtum! (Jegliche Arbeit, sagte Adam Smith; aber für ihn wie für seine Nachfolger – so sehr waren sie bereits nur noch Mundstück der aufkommenden Bourgeoisie – war der arbeitende Mensch von Natur kapitalistischer Lohnarbeiter!) Denn jegliche Lohnarbeit schafft außer dem notwendigsten Lohn zur eigenen Erhaltung des Arbeiters auch noch die Rente zur Erhaltung des Grundherrn und einen Profit als den Reichtum des Kapitalbesitzers, des Unternehmers. Und der Reichtum ist um so größer, je größere Massen Arbeiter in einer Werkstatt, unter dem Kommando eines Kapitals an die Arbeit gespannt werden, je genauer und sorgfältiger die Arbeitsteilung unter ihnen durchgeführt ist. Dies also ist erst die wahre natürliche Harmonie, der wahre Reichtum der Nationen: aus jeglicher Arbeit für die Arbeitenden ein Lohn, der sie am Leben und zur weiteren Lohnarbeit gezwungen erhält, eine Rente, die zum sorglosen Leben der Grundherren ausreicht,

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