Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 567

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glücklich im Staub und Moder der Archive für uns erhalten worden ist. Sie beansprucht aus zwei Gründen ganz besondere Beachtung. Erstens sind aus den meisten Höfen Karls des Großen nachmals mächtige Reichsstädte geworden, so sind zum Beispiel Aachen, Köln, München, Basel, Straßburg und viele andere große Städte ehemals landwirtschaftliche Höfe Kaiser Karls gewesen. Zweitens aber wurden die Wirtschaftseinrichtungen Karls ein Vorbild für alle großen weltlichen und geistlichen Grundherrschaften des frühen Mittelalters; Karls Höfe nahmen die Überlieferungen des alten Roms und der verfeinerten Lebensweise seiner adligen Villen auf, um sie in das rohere Milieu des jungen germanischen Kriegsadels zu verpflanzen, und seine Vorschriften über den Weinbau, Gartenbau, Obst- und Gemüsebau, die Geflügelzucht usw. waren eine kulturhistorische Tat.

Sehen wir uns nun die Urkunde näher an. Der große Kaiser fordert hier vor allem, daß man ihm redlich diene und daß für die Untertanen auf seinen Gütern gesorgt werde, so daß sie vor Armut geschützt sind; man solle sie nicht über die Kraft mit Arbeit belasten; wenn sie in. die Nacht hinein arbeiten, sollen sie dafür entschädigt werden. Die Untertanen aber ihrerseits sollen rechtschaffen für den Weinbau Sorge tragen und den gekelterten Wein in Flaschen tun, damit er keinen Schaden nehme. Wenn sie sich ihren Pflichten, entziehen, werden sie „auf dem Rücken oder anders“ gezüchtigt. Ferner schreibt der Kaiser vor, daß man in seinen Gütern Bienen und Gänse züchten solle; das Geflügel soll gut gehalten und vermehrt werden. Man solle auch auf die Vergrößerung des Bestandes an Kühen und Zuchtstuten, desgleichen Schafen die größte Sorgfalt wenden.

Wir wollen, schreibt der Kaiser weiter, daß unsere Wälder mit Verstand bewirtschaftet werden, daß sie gar nicht ausgerodet und daß Sperber und Falken darin gehalten werden. Man solle zu unserer Verfügung stets fette Gänse und Hühnchen halten; Eier, die nicht in der Wirtschaft verbraucht werden, solle man auf dem Markt verkaufen. In jedem unserer Höfe soll ein Vorrat an guten Federbetten, Matratzen, Decken, Geschirr aus Kupfer, Blei, Eisen und Holz, Ketten, Kesselhaken, Beilen, Bohrern vorhanden sein, so daß nichts von anderen Leuten geborgt zu werden brauche. Der Kaiser schreibt weiter vor, man solle ihm genau von dem Ertrage seiner Güter Rechenschaft ablegen, und zwar wieviel von jedem Ding hervorgebracht wurde, und er zählt auf : Gemüse, Butter, Käse, Honig, Öl, Essig, Rüben „und andere Kleinigkeiten“, wie es im Text der berühmten Urkunde heißt. Weiter schreibt der Kaiser vor, auf jeder seiner Domänen sollen verschiedene Handwerker, in jeder Kunst beflissen, in genügender Anzahl vorhanden sein, und er zählt wieder die Arten genau im einzelnen

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