Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 519

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die Existenz und die Entwicklung des Kapitalismus seit jeher möglich gewesen. Aber die Expansion führt in ihrem Weltdrang zum Zusammenstoß zwischen dem Kapital und den vorkapitalistischen Gesellschaftsformen. Daher Gewalt, Krieg, Revolution, kurz: Katastrophe, das Lebenselement des Kapitalismus von Anfang bis zu Ende.

Die Kapitalakkumulation schreitet fort und dehnt sich aus auf Kosten der nichtkapitalistischen Schichten und Länder, zernagt und verdrängt sie in immer beschleunigterem Tempo. Allgemeine Tendenz und Endresultat des Prozesses ist ausschließliche Weltherrschaft der kapitalistischen Produktion. Ist diese einmal erreicht, dann tritt das Marxsche Schema in Kraft: Die Akkumulation, d. h. weitere Expansion des Kapitals, wird unmöglich, der Kapitalismus gerät in eine Sackgasse, er kann nicht mehr als das historische Vehikel der Entfaltung der Produktionskräfte fungieren, er erreicht seine objektive ökonomische Schranke. Der Widerspruch des Marxschen Schemas der Akkumulation ist, dialektisch aufgefaßt, nur der lebendige Widerspruch zwischen dem schrankenlosen Expansionsdrang des Kapitals und der Schranke, die es sich selbst durch fortschreitende Vernichtung aller anders gearteten Produktionsformen errichtet, zwischen den gewaltigen Produktivkräften, die es in seinem Akkumulationsprozeß auf der ganzen Erde wachruft, und der engen Basis, die es sich selbst durch die Gesetze der Akkumulation absteckt. Das Marxsche Schema der Akkumulation ist – richtig verstanden – gerade in seiner Unlösbarkeit die exakt gestellte Prognose des ökonomisch unvermeidlichen Untergangs des Kapitalismus im Ergebnis des imperialistischen Expansionsprozesses, dessen spezielle Aufgabe ist, die Marxsche Voraussetzung: die allgemeine ungeteilte Herrschaft des Kapitals, zu verwirklichen.

Kann dieser Moment je wirklich eintreffen? Allerdings ist das nur eine theoretische Fiktion, gerade weil die Akkumulation des Kapitals nicht bloß ökonomischer, sondern politischer Prozeß ist.

„Der Imperialismus ist ebensosehr eine geschichtliche Methode der Existenzverlängerung des Kapitals wie das sicherste Mittel, dessen Existenz auf kürzestem Wege objektiv ein Ziel zu setzen. Damit ist nicht gesagt, daß dieser Endpunkt pedantisch erreicht werden muß. Schon die Tendenz zu diesem Endziel der kapitalistischen Entwicklung äußert sich in Formen, die die Schlußphase des Kapitalismus zu einer Periode der Katastrophen gestalten.“ (Die Akkumulation des Kapitals, S. 424.)[1]

„Je gewalttätiger das Kapital vermittelst des Militarismus draußen in der Welt und bei sich daheim mit der Existenz nichtkapitalistischer Schich-

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[1] Siehe S. 391 f.