Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 512

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duktion zu demonstrieren. Niemand hat die ökonomischen „Robinsonaden“ so grausam verlacht und verspottet wie Marx. Nun soll zu guter Letzt Marx selbst durch die Bauersche Robinsonade erläutert und auf eine „einwandfreie Grundlage“ gestellt werden!

Aber diese Bauersche „Erläuterung“ hat ihre guten Gründe. Nimmt man nämlich mit Marx als Voraussetzung „allgemeine und ausschließliche Herrschaft der kapitalistischen Produktion“ in der ganzen Welt als bereits eingetreten an, dann ist Imperialismus allerdings ausgeschlossen und eine Erklärung für ihn nicht zu erfinden, da er eben durch die Annahme selbst historisch bereits überholt, erledigt, ad acta gelegt ist. Man kann unter dieser Annahme den Prozeß der imperialistischen Phase sowenig aufzeigen und schildern, wie man z. B. unter der Annahme einer bereits eingetretenen allgemeinen Herrschaft des Feudalismus in Europa den Prozeß des Zusammenbruchs des Römischen Reichs schildern kann. Vor die Aufgabe also gestellt, den heutigen Imperialismus mit der Theorie der Akkumulation, wie sie im Fragment im zweiten Bande des „Kapitals“ entworfen ist, in Einklang und Zusammenhang zu bringen, hätten sich die „sachverständigen“ Epigonen von Marx für eins von beiden entscheiden müssen. Entweder den Imperialismus als historische Notwendigkeit verleugnen oder aber, wie ich in meinem Buche tue, die Voraussetzung Marxens als irrtümlich verlassen und den Prozeß der Akkumulation unter wirklichen historisch gegebenen Bedingungen, als kapitalistische Entwicklung in ständiger Wechselwirkung mit nichtkapitalistischem Milieu untersuchen. Ein Eckstein, der von der ganzen Sache, um die es sich handelt, überhaupt nichts begriffen hat, ist freilich auch nicht in die Verlegenheit gekommen, in dieser Alternative seine Wahl zu treffen. Otto Bauer hingegen, der den Haken schließlich bemerkt hat, findet als typischer Vertreter des marxistischen Zentrums“ den Ausweg in einem Kompromiß: Der Kapitalismus könne zwar vorzüglich auf der Insel Robinsons gedeihen, er finde aber in seiner Isoliertheit doch eine „Grenze“ des Gedeihens, und diese Grenze könne er nur überwinden, indem er mit dem nichtkapitalistischen Milieu in Verkehr trete. „In der falschen Erklärung (von mir – R. L.) ist doch ein echter Kern verborgen“, verkündet er zum Schluß. „Ist die Akkumulation in einer isolierten kapitalistischen Gesellschaft nicht unmöglich, so ist sie doch in Grenzen gebannt. Der Imperialismus dient in der Tat dem Zwecke, diese Grenzen zu erweitern ... Dieses Streben ist in der Tat eine Wurzel, nicht die einzige, des Imperialismus.“ (l. c., S. 873, 4.) [Hervorhebung – R. L.]

Bauer hat also seine Robinsonade der „isolierten kapitalistischen Wirt-

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