Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 511

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(4. Aufl„ S. 544).[1] Und im zweiten Bande sagt er ebenso kategorisch, seine Unterstellung bei der Untersuchung der Akkumulation sei: „allgemeine und ausschließliche Herrschaft der kapitalistischen Produktion“ (S. 321).[2] [Hervorhebung – R. L.]

Das ist wohl deutlich genug. Was Marx vorausgesetzt, ist also nicht die kindische Phantasie einer kapitalistischen Gesellschaft auf der Insel Robinsons, die „isoliert“ von Kontinenten nichtkapitalistischer Völker im Verborgenen blüht, einer Gesellschaft, in der die kapitalistische Entwicklung den denkbar höchsten Grad erreicht (besteht doch ihre Bevölkerung nur noch aus Kapitalisten und Lohnproletariern) und die gleichwohl weder Handwerk noch Bauerntum kennt und gar keine Verbindung mit der umgebenden nichtkapitalistischen Welt besitzt. Die Marxsche Voraussetzung ist nicht eine phantastische Absurdität, sondern eine wissenschaftliche Fiktion. Marx nimmt nämlich die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Entwicklung vorweg. Er nimmt an, jener Zustand der allgemeinen, absoluten Herrschaft des Kapitalismus auf der ganzen Erde, jene äußerste Ausbildung des Weltmarkts und der Weltwirtschaft, auf die das Kapital und die ganze heutige ökonomische und politische Entwicklung tatsächlich hinsteuert, sei bereits erreicht. Marx stellt also seine Untersuchung auf das Geleise der wirklichen historischen Entwicklungstendenz, deren äußersten Zielpunkt er bereits als erreicht unterstellt. Dies ist eine wissenschaftlich durchaus korrekte und z. B. bei der Untersuchung der Akkumulation des Einzelkapitals, wie ich in meinem Buche dargelegt habe, vollkommen zureichende Methode, wenn sie auch bei dem Hauptproblem: der Akkumulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, meiner Überzeugung nach versagt und irreführend wird.

Bauer hingegen erfindet das groteske Bild einer „isolierten kapitalistischen Wirtschaft“, ohne Mittelschichten, ohne Handwerk, ohne Bauern, die nie bestand, aber ebensowenig je entstehen wird, die mit der Wirklichkeit und der Entwicklungstendenz nichts zu tun hat, ein Gebilde also, dessen kunstreicher „Mechanismus“ just so viel zur Aufklärung der Gesetze der kapitalistischen Akkumulation taugt, wie die berühmten mechanischen Figürchen Vaucansons zur Aufklärung über die Physiologie und die Psyche des menschlichen Organismus taugten. Bis jetzt haben nur bürgerliche Ökonomen mit dem kindlichen Mittel einer „isolierten Wirtschaft“ operiert, um an diesem Mannequin die Gesetze der kapitalistischen Weltpro-

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[1] Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 23, S. 607; Fußnote 21 a.

[2] Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 24, S. 348.