Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 498

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bevölkerung erzeugt und erzeugen sie beständig, eine Überbevölkerung von Arbeitern, die vom überschüssigen Kapital nicht angewandt wird wegen des niedrigen Exploitationsgrads der Arbeit, zu dem sie allein angewandt werden könnte, oder wenigstens wegen der niedern Profitrate, die sie bei gegebnem Exploitationsgrad abwerfen würde.“ [Karl Marx: Das Kapital, Dritter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 25, S. 266. – Hervorhebung – R. L.]

Auf derselben Seite, etwas weiter, führt Marx noch aus: „Wird Kapital ins Ausland geschickt, so geschieht es nicht, weil es absolut nicht im Inland beschäftigt werden könnte. Es geschieht, weil es zu höherer Profitrate im Auslande beschäftigt werden kann. Dies Kapital ist aber absolut überschüssiges Kapital für die beschäftigte Arbeiterbevölkerung und für das gegebne Land überhaupt. Es existiert als solches neben der relativ überschüssigen Bevölkerung, und dies ist ein Beispiel, wie die beiden nebeneinander existieren und sich wechselseitig bedingen.“ [Karl Marx: Das Kapital, Dritter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 25, S. 266. – Hervorhebungen – R. L.]

Das ist wohl deutlich genug. Wie heißt aber die Überschrift des ganzen Kapitels bei Marx, aus dem Bauer die eine kurze Stelle zitiert? Sie heißt: „Überfluß an Kapital bei Überfluß an Bevölkerung“ (Das Kapital, Bd. III, Teil 1, S. 232). Und da hat Bauer den seltsamen Einfall, ein Zitat aus diesem Kapitel seinem „Mechanismus“ einzuflechten und durch einen direkt angestückelten Satz den Anschein zu erwecken, als gebe er nur Erläuterungen zur Marxschen Auffassung! Ja, die lapidare Überschrift des Kapitels, die in der Tat das Stichwort der Marxschen Theorie in diesem Teil darstellt, versetzt ganz allein der Bauerschen Konstruktion einen so kräftigen Puff, daß der ganze sinnreiche „Mechanismus“ purzelt.

Es ist klar: Die Bauersche „Überakkumulation“ und die Marxsche Überakkumulation sind zwei ganz verschiedene ökonomische Begriffe, ja Gegensätze!

Bei Bauer ist Überakkumulation identisch mit Prosperitätsperiode, höchster Nachfrage nach Arbeitskraft, Aufsaugung der industriellen Reservearmee. Bei Marx geht Überfluß an Kapital Hand in Hand mit Überfluß an Arbeitern, mit größter Arbeitslosigkeit, Überakkumulation also identisch mit Krise und tiefster Depression. Bauer erklärt: Es gibt periodisch zuviel Kapital, weil es zuviel Arbeiter gibt. Marx erklärt: Es gibt periodisch zuviel Kapital und infolgedessen zuviel Arbeiter. Ja, im Verhältnis wozu „zuviel“ von beiden? Im Verhältnis zu der Absatzmöglichkeit unter „normalen“, den erforderlichen Profit sichernden Bedingungen.

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