Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 5, 4. Auflage, Dietz Verlag Berlin 1990, S. 494

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-5/seite/494

periodische Mangel an Arbeitern als einzige Ursache der Handelskrisen – das ist sicher eine der verblüffendsten Entdeckungen der Nationalökonomie nicht bloß seit Marx, sondern seit William Petty und eine würdige Krönung all der anderen merkwürdigen Gesetze, die auf dem Monde der Bauerschen Gesellschaft die Kapitalakkumulation und ihren Konjunkturwechsel regieren.

Jetzt kennen wir die Bewegung des Kapitals in allen Phasen, und Bauer fügt das Ganze zum folgenden harmonischen Abschluß zusammen:

„Die kapitalistische Produktionsweise trägt also in sich selbst den Mechanismus, der die hinter dem Bevölkerungswachstum zurückgebliebene Akkumulation dem Bevölkerungswachstum (will sagen: dem Wachstum der Arbeiterbevölkerung – R. L.) wieder anpaßt.“ (l. c., S. 870.) Und nochmals mit größtem Nachdruck:

„Die kapitalistische Weltwirtschaft als Ganzes betrachtet, wird die Tendenz zur Anpassung der Akkumulation an das Bevölkerungswachstum (will sagen: Wachstum der Arbeiterbevölkerung – R. L.) sichtbar in dem industriellen Zyklus. Prosperität ist Überakkumulation. Sie hebt sich selbst auf in der Krise. Die nun folgende Depression ist eine Zeit der Unterakkumulation. Sie hebt sich selbst auf, indem die Depression aus sich heraus die Bedingungen der Wiederkehr der Prosperität erzeugt. Die periodische Wiederkehr der Prosperität, der Krise, der Depression ist der empirische Ausdruck der Tatsache, daß der Mechanismus der kapitalistischen Produktionsweise selbsttätig Überakkumulation und Unterakkumulation aufhebt, die Akkumulation des Kapitals immer wieder dem Wachstum der Bevölkerung (will sagen: der Arbeiterbevölkerung – R. L.) anpaßt.“ (1. c., S. 872. Alles bei Bauer hervorgehoben.)

Nun kann es wohl kein Mißverständnis mehr geben. Der Bauersche „Mechanismus“ besteht einfach gesagt in folgendem: Im Mittelpunkt der kapitalistischen Weltwirtschaft steht die Arbeiterklasse. Sie und ihr natürliches Wachstum ist das Gegebene, die Achse, um die sich das wirtschaftliche Leben dreht. Um diese Achse pendelt das variable Kapital (und mit ihm in der technisch erforderlichen Proportion das konstante). Bald ist das vorhandene Kapital zu klein, um alle Proletarier zu beschäftigen, dann preßt es durch niedrige Löhne einen Zuwachs aus, bald ist es zu groß, um genügend Proletarier zu finden, dann vernichtet es sich selbst zum Teil in einer Krise – in allen Fällen ist die ganze Bewegung der heutigen Produktion und ihr Konjunkturwechsel nur ein ewiges Bestreben des Kapitals, sich in seiner Größe der Anzahl der Proletarier und ihrer natürlichen Vermehrung anzupassen.

Nächste Seite »